Geschwür

[206] Geschwür wird eine langsam entstandene Trennung des Zusammenhanges in einem Theile des Körpers genannt, welche unter Ausfluß von Eiter oder Jauche auftritt. Dieser Ausfluß wird durch eine örtliche oder allgemeine Ursache unterhalten, und so lange diese nicht beseitigt worden ist, dauert das Geschwür fort, breitet sich immer weiter aus oder kommt nach einer vorübergehenden Heilung wieder zum Vorschein. Die letztgenannten Merkmale bedingen den wesentlichen Unterschied zwischen Wunde und Geschwür. Die Ursachen der Geschwüre sind theils innerlich, theils äußerlich, und in einigen Fällen ist nur ein einzelner Körpertheil krankhaft ergriffen, in andern der ganze Körper. Je nach ihrer Beschaffenheit üben die Geschwüre einen mehr oder weniger bedeutenden Einfluß auf das Allgemeinbefinden aus. Ist z.B. die Absonderung des Eiters beträchtlich und dieser schlecht, so wird nicht nur durch den anhaltenden Säfteverlust, sondern auch durch die Aufnahme des schlechten Eiters in die allgemeine Säftemasse ein allgemeiner Schwächezustand und endlich Verderbniß der ganzen Säftemasse herbeigeführt. Unter manchen Umständen werden Geschwüre aber auch zu wohlthätigen Ableitungsorganen, insofern der Krankheitsreiz oder Krankheitsstoff sich von innern edlern Eingeweiden nach ihnen hinwirft. (Vgl. Fontanelle.) Geschwüre in der Haut und in fleischigen Theilen heilen leichter, wie solche in flechsigen oder drüsigen Organen; Knochengeschwüre sind immer sehr hartnäckig. Je älter ein Geschwür ist, um so langwieriger ist in der Regel die Heilung; je unreiner dasselbe ist, je speckiger sein Grund, je aufgeworfener und härter sein Rand, je schlechter die in demselben abgesonderte Flüssigkeit, je tiefer es eindringt, je beträchtlicher überhaupt die Zerstörungen sind, die es bereits angerichtet hat, um so schwieriger ist die Heilung. Bei jungen Personen heilen die Geschwüre leichter als bei alten, schon in hohem Grade geschwächten. Geht ein Geschwür in Heilung über, so verliert es zuerst sein unreines Ansehen und der Eiter wird gutartig, dann bilden sich Fleischwärzchen, diese werden nach und nach fester, ziehen sich zusammen und bedecken sich endlich mit einem seinen Häutchen, worauf dann vollends Vernarbung eintritt. Je nach den den Geschwüren zum Grunde liegenden Ursachen unterscheidet man venerische, skorbutische, skrofulöse, gichtische u.s.w. Geschwüre.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 206.
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