Palmen

Palmen

[388] Palmen (die) sind eine zahlreiche und höchst merkwürdige und nützliche Gattung von Gewächsen und meist in den heißen Erdgegenden, vorzüglich zwischen den Wendekreisen heimisch.

In Nordamerika wachsen nur fünf, im nördl. Afrika und südl. Europa drei Arten, in China, Japan, im südl. Afrika und in Neuholland nur eine; bekannt sind jetzt in Allem gegen 180 Arten, von denen welche nur drei F. hoch werden, allein viele über 200 F. und manche gegen 400 F. emporstreben. Sie gehören zu den Monokotyledoneen oder einsamenlappigen Gewächsen, und die junge Palme entwickelt sich aus dem Samenkorn mit einem einfachen, [388] graßähnlichen Blatte. Auf dieses folgen zertheilte, bis die regelmäßige Blattbildung eintritt und der Stamm sich zu bilden anfängt, an welchem die Blätter rings herum sitzen und wie er höher treibt, allmälig abfallen. Die untersten Blattstiele bleiben jedoch zurück und umfassen schuppenartig den Stamm, bei dem sie die Stelle der Rinde vertreten. Nur bei zwei Arten nimmt derselbe eine getheilte Form an, bei den übrigen wächst er säulen- oder spindelartig (d.h. in der Mitte stärker als oben und unten) empor und trägt endlich am Gipfel statt der Zweige eine Krone immergrüner, meist herabhängender Blätter, welche mitunter mehr als 20 F. lang sind und aus vielen einander am Stiele gegenübersitzenden oder an der Spitze desselben fächerartig gestellten Blättchen bestehen. Der innere Bau des Stammes weicht ebenfalls von dem unserer Bäume ab, deren Saftgefäße einander ringförmig umschließen, während sie bei den Palmen in verschiedenen Richtungen neben- und durcheinander liegen, was besonders deutlich an versteinerten Stücken Palmenholz sich zeigt, die von den auf dem Querdurchschnitte sichtbaren Flecken Staarsteine heißen. Die Blüte erscheint umgeben von einer bastartigen Hülle, welche sich öffnet und aus der in trauben- oder ährenförmigen Büscheln eine sehr große Menge winzige Blütchen sich entwickeln, welche theils nur weiblich, theils nur männlich, theils beides auf einem Stamme oder Zwitterblüten sind. (S. Blume.) Die Früchte sind meist Nuß- oder pflaumenartig, aber beiweitem nicht das einzig Genieß- und Nutzbare an den Palmen, die vielmehr den Bewohnern mancher Tropenländer einen großen Theil ihrer Lebensbedürfnisse liefern. Die jungen Blatttriebe der Palmen und besonders der Kohlpalme (s. Kohlbaum) geben z.B. den Palmenkohl, das Mark der Stämme anderer liefert ein nahrhaftes und süßes Mehl, aus welchem Sago (s.d.) bereitet wird, der Saft noch anderer ein weinartiges Getränk, den Palmenwein. Die Fasern der Stämme oder die bastartige Umhüllung der Frucht (z.B. der Cocosnüsse) mancher Palmen werden gleich Flachs und Hanf zu allerhand Geweben verarbeitet; aus den harten Schalen der großen Palmennüsse verfertigt man Gefäße, die Blätter dienen zur Bedachung der Hütten, die Blütenscheiden der Tourlourypalme in Südamerika werden als Mützen benutzt und aus dem Palmenholze Hausgeräthe verfertigt. An den Wipfeln der Mauritia- oder Fächerpalme befestigen die Guaraonsindianer in den Niederungen am Orenoco ihre Matten für die Dauer der jährlichen Überschwemmung ihrer gewöhnlichen Wohnsitze und warten so in der Luft schwebend die Wiederkehr günstiger Witterung ab. Die Früchte der Dattelpalme (s.d.) sind ein Hauptnahrungsmittel der Bewohner Arabiens und der afrik. Wüsten und mit ihr an Nutzbarkeit wetteifert die Cocospalme (s.d.). Aus den Früchten mehrer Palmenarten gewinnen die Neger auf der Westküste von Afrika das Palmenöl oder Palmenfelt, eine pomeranzengelbe, butterähnliche Masse von angenehmem Veilchengeruch, welche jetzt in Menge nach Europa gebracht und nachdem sie entfärbt worden, als ein billiges Ersatzmittel des Talgs bei der Seifenbereitung verwendet wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 388-389.
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