Prädestination

[552] Prädestination, d.h. Vorherbestimmung, heißt in der Geschichte der christlichen Glaubenslehre der angenommene ewige und unbedingte Rathschluß Gottes, nach welchem die Menschen ohne Rücksicht auf ihr sittliches Verhalten entweder zur Seligkeit oder zur Verdammniß bestimmt sein sollen. Urheber dieser dem heidnischen Fatalismus (s. Fatum) verwandten Lehre wurde der h. Augustin, indem er die Tugend und Frömmigkeit des Christen nur als ein Werk der göttlichen Gnade betrachtete, was ihn dann, um den Stand der Ungebesserten zu erklären, zu dem Schlusse führte, daß Gott alle Frommen zur Seligkeit auserwählt und durch diese Wahl zugleich das Schicksal aller der nicht in derselben Mitbegriffenen zur Verdammniß entschieden habe, wofür er die Ausdrücke Gnaden- und Zornwahl gebrauchte. Von Seiten Gottes nannte er dieses Verfahren aber darum gerecht, weil er es vorhergesehen, welche Menschen das Christenthum annehmen und verwerfen würden, ungeachtet er selbst diese Fähigkeit den Menschen nicht zugestand. In der Kirche fand diese Lehre keine Geltung, doch hatte sie als besondere Meinung Augustin's immer Anhänger, welche Prädestinatianer genannt werden. Mit aller Strenge wurde sie von Calvin (s.d.) erneuert und in den Lehrbegriff der reformirten Kirche eingeführt, wo sie sich, jedoch mit unschädlich machenden Veränderungen, bis jetzt erhalten hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 552.
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