Schaden

[55] Schaden heißt jeder Nachtheil, der Jemandem an seinen persönlichen oder Vermögensrechten zugefügt wird. Wer absichtlich einem Andern Schaden zufügt, muß denselben ersetzen, Absicht und Schaden muß aber erwiesen werden. Ist dieser Beweis vom Verletzten geführt, so haften Alle, welche an der Handlung Theil nahmen, für den ganzen Schaden. Hat indeß Einer von ihnen den Schaden ersetzt, so werden die Übrigen dadurch von ihrer Verbindlichkeit befreit. Diejenigen, welche nicht zurechnungsfähig sind (z.B. Kinder und Wahnsinnige), trifft diese Verbindlichkeit nicht. Eine Verpflichtung, Schaden von einem Andern abzuwenden, gibt es nur in Vertragsverhältnissen. Hier ist nicht blos der absichtlich oder durch die der Absicht (dolus) gleichgesetzte grobe Fahrlässigkeit (culpa lata) zugefügte Schaden zu ersetzen, sondern es muß stets derjenige Grad der Sorgfalt aufgewendet werden, welcher versprochen worden ist Hat man darüber nichts festgesetzt, so muß die Natur des Geschäfts und die wahrscheinliche Absicht der Interessenten die Richtschnur abgeben. Es gelten darüber folgende Grundsätze: 1) Wer von einem fremden Geschäfte selbst Vortheil hat, und sich demselben nicht blos zum Besten eines Andern unterzieht, der muß die herkömmliche, gewöhnliche Sorgfalt darauf verwenden. Man versteht darunter diejenige Aufmerksamkeit, welche in der Regel Jeder des Standes, aus welchem der Beklagte ist, seinen Angelegenheiten widmet, die Sorgfalt des guten Hausvaters. 2) Wer sich ohne Auftrag in fremde Angelegenheiten mischt, oder wer gegen Belohnung ein Geschäft übernimmt, zu dessen Besorgung besondere Eigenschaften und Kenntnisse erfoderlich sind, muß selbst für das geringste Versehen haften, und die äußerste Sorgfalt anwenden. Wer sich endlich 3) einem fremden Geschäfte, dem sich sonst Niemand unterziehen will, in der guten Absicht widmet, um vom Eigenthümer Verlust abzuwenden, der hat nur den Grad der Vorsicht anzuwenden, welchen er selbst auf seine eignen Angelegenheiten zu wenden pflegt. – Es kann uns auch durch fremde Sachen oder durch fremde Thiere Schaden zugefügt werden. Im erstern Falle ist der Schade zu ersetzen, wenn Jemand die schadende Sache an einen Ort gestellt hat, wohin sie nicht gehört, oder wenn Jemand wegen eines von baufälligen Gebäuden oder andern den Einsturz drohenden Sachen zu befürchtenden Schadens Caution bestellt hat. Stiftet ein Thier Schaden, so ist dieser vom Herrn des Thieres zu ersetzen, wenn dasselbe auf fremdem Boden unbefugt weidete. Gab aber ein Anderer (z.B. dadurch, daß er das Thier auf fremde Weide trieb), die Veranlassung dazu, so haftet dieser. Wer Thiere wild macht und reizt, wer wilde Thiere, Thiere, deren Haltung policeilich verboten ist, oder solche, welche leicht schaden können, hält, ohne die nöthige Vorsicht zu gebrauchen und sie sorgfältig zu bewachen, trägt den durch sie entstandenen Schaden. Es ist auch Jedem erlaubt, welcher von einem Thiere angefallen wird, es zu seiner Vertheidigung zu tödten. Wer fremdes Vieh, das sich nicht leicht fangen läßt, von seinem Eigenthume forttreibt, braucht den Schaden nicht zu ersetzen, den dasselbe dabei nimmt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 55.
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