Steinschneidekunst

[286] Steinschneidekunst (die) oder (griech) Lithoglyptik oder die Kunst, in Steine Gegenstände aller Art einzuschneiden, sodaß sie sich entweder erhaben oder vertieft darstellen, ist sehr alt. Schon die Babylonier, Hebräer und Ägypter kannten sie und bei den Griechen war zur Zeit des Solon die Sitte, geschnittene Steine im Siegelringe zu tragen, bereits allgemein. Die ältesten Steine wurden wahrscheinlich sämmtlich vertieft geschnitten. Die höchste Vollkommenheit erreichte die Steinschneidekunst zur Zeit Alexander's des Großen und zur Zeit der röm. Kaiser. Dadurch, daß es aufkam, Sammlungen von geschnittenen Steinen, sogenannte Daktyliotheken, anzulegen, wurde die Steinschneidekunst aufgemuntert. Die älteste bekannte Daktyliothek war die des Königs Mithridates, welche Pompejus nach Rom brachte und im Capitol aufstellte. Mit den übrigen Künsten erlag auch die Steinschneidekunst anfänglich der Barbarei des Mittelalters, und erst die kunstliebenden Mediceer regten die Liebe zu geschnittenen Steinen und Daktyliotheken wieder an. Die geschnittenen Steine selbst waren während des Umsturzes der röm.-griech. Welt weniger der Zerstörung ausgesetzt als andere Kunstwerke, weil sie einen bleibenden innern Werth besaßen und doch auch in ihrem Stoffe nicht anderweit verwendet werden konnten. Man gab diesen Steinen an Heiligenschreinen, Monstranzen, Reichsinsignien, Prachtgewändern u.s.w. einen Platz, an welchem sie zum Theil die Alterthumsforscher und Kunstliebhaber späterer Zeit wieder aufgefunden haben. Der älteste ital. Steinschneider seit Wiedererwachen der Kunst war Victor Pisano, gest. 1448, der älteste deutsche Daniel Engelhard zu Nürnberg, gest. 1512. (Vergl. Gemmen.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 286.
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