Vidocq

[606] Vidocq (Eugène François) gehörte lange Zeit unter die frechsten Gauner der neuesten Zeit, wurde 1775 zu Arras im jetzigen franz. Departement Pas de Calais geboren und war der Sohn eines wohlhabenden Bäckers, bestahl aber schon von früher Jugend an theils allein, theils in Gemeinschaft mit andern bösen Buben seine Ältern und entlief endlich mit einer Summe von 2000 Francs. Diese wurden ihm jedoch von andern Gaunern geraubt, bevor er seine Absicht, nach Amerika zu gehen, ausführen konnte, und nach längerm Herumtreiben mit Marionettenspielern, Quacksalbern u. dgl. bewog ihn das Elend, zu seinen Ältern zurückzukehren, bei denen er auch Versöhnung und Aufnahme fand. Allein seine Besserung war nur eine vorübergehende, und nachdem er zu Anfang der Revolution Kriegsdienste genommen, dann mehrmals desertirt war und ein abenteuerliches Gaunerleben in Holland und Frankreich mit vielem Glück getrieben hatte, ward er doch endlich eingezogen und wegen (von ihm aber geleugneter) Fälschung zu den Galeeren verurtheilt. V. entwischte jedoch sowol diesmal als auch später bei seiner zweiten Verhaftung und Verurtheilung und wurde endlich von der pariser Policei mit vielem Erfolge als geheimer Agent benutzt, ja förmlich bei ihr angestellt und 1818 wegen seiner ehemaligen Verurtheilung begnadigt. Außerdem bezog er für seine Dienste reichliche Belohnungen, ward aber 1827 entlassen und lieferte nun in seinen 1828 in Paris erschienenen und auch ins Deutsche übersetzten Memoiren eine Schilderung seines abenteuerlichen Gaunerlebens, die freilich nicht überall zuverlässig sein wird. Später legte V. bei Paris eine Papierfabrik an, wollte auch eine Art Papier erfunden haben, auf welchem die Tinte nicht verlöscht werden könne, und kündigte in Paris die Eröffnung eines Bureau an, wo über den moralischen Charakter der Geschäftsleute Auskunft zu erhalten sein sollte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 606.
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