Vincke

[609] Vincke (Ludw., Freiherr von), preuß. wirklicher Geheimrath, geb. 1774 zu Minden, hervorragend durch seinen Patriotismus und seine ausgezeichnete Wirksamkeit als Staatsdiener und staatswissenschaftlicher Schriftsteller, ist der Sohn eines Oberstallmeisters und Landdrosten von Osnabrück, welcher aber in Preußen sehr begütert war, und trat daher nach durchlaufener Schul- und Universitätsbildung in Berlin als Referendar bei der kurmärk. Kammer in preuß. Dienste. Bald zum Assessor, dann zum Landrath des mindenschen Kreises befördert, wurde er 1802 zum Einkaufe von Merinos nach Spanien geschickt, bei der Rückkehr aber Kammerpräsident in Aurich und 1804 als Nachfolger des ins Ministerium berufenen Freiherrn von Stein, Präsident der Kammer zu Münster und Hamm. Als nach der Schlacht bei Jena die preuß. Verhältnisse eine Umgestaltung erlitten, blieb V. zwar noch einige Zeit bei der in Münster von den Franzosen errichteten provisorischen Verwaltungsbehörde, begab sich jedoch bald nach England, über dessen Verwaltung er (Berl. 1817) ein ausgezeichnetes Werk verfaßte, und war dort im vaterländischen Interesse thätig. Nach dem tilsiter Frieden kehrte er in den preuß. Dienst zurück, wurde 1809 Chefpräsident der Regierung zu Potsdam, welche das Vorbild der damals anhebenden neuen Einrichtungen im Innern Preußens abgab, und beförderte namentlich die so einflußreiche, patriotische Erziehung der Jugend. Im I. 1810 zog sich jedoch V. auf seine Güter zurück, erregte aber hier den Argwohn der Franzosen und ward plötzlich verhaftet und nach Frankreich geschafft, von wo er erst 1813 zurückkehrte und sogleich als Civilgouverneur der westfäl. Provinzen angestellt ward. In dieser Stellung entwickelte er bei Organisirung und Ausrüstung der Freiwilligen, der Landwehr und des Landsturms die rühmlichste Thätigkeit, richtete dann als Oberpräsident (1815) der neuen Provinz Westfalen die Verwaltung derselben ein und erwarb sich um dieselbe nach allen Richtungen, durch besondere Pflege der öffentlichen Bildungsanstalten, die Anlegung von Kunststraßen, Kanälen, des Hafens Ruhrort am Rhein, die Austrocknung von Morästen, Beförderung einer zweckmäßigen Gemeindetheilung, welchen Gegenstand er in einer classischen Schrift (Berl. 1825) bearbeitete, fortwährend die wesentlichsten Verdienste, welche durch die Berufung in den Staatsrath (1817), die Ernennung zum Geheimrath (1825) und andere Belohnungen auch von der Regierung anerkannt wurde.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 609.
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