Voss

[628] Voss (Joh. Heinr.), geb. 1751 zu Sommersdorf in Mecklenburg, ein bekannter deutscher Dichter, der Verfasser des Idylls »Luise«, ausgezeichneter Philolog und Alterthumskenner und berühmter Übersetzer griech. und röm. Dichter, auch als deutscher Sprachforscher und Metriker, als Schulmann und rüstiger Streiter für Geistesfreiheit hochverdient, erwarb sich nur durch seinen unermüdlichen Fleiß die Kenntnisse und die Mittel zum Besuch der Universität. Einige zum damaligen göttinger Musenalmanach eingesandte poetische Versuche wendeten ihm die Aufmerksamkeit des als Unterstützer vieler Talente bekannten Boje zu, der ihm 1772 den Besuch der Universität Göttingen möglich machte. Hier trat V. in jene Verbindung edler Jünglinge (götting. Dichterbund), welche unter Boje's und Bürger's leitendem Einflusse sich so große Verdienste um die deutsche Poesie erworben haben, und nachdem er das anfängliche Studium der Theologie aufgegeben, widmete er sich ganz dem griech. und röm. Alterthume. Mit seinem berühmten Lehrer Heyne (s.d.) zerfiel er indeß bald für immer, lebte seit 1775 zu Wandsbeck, wo er unter Anderm die Herausgabe des »Göttinger Musenalmanachs« besorgte, heirathete 1777 eine Schwester Boje's und ward 1778 Rector an der Schule zu Otterndorf im Lande Hadeln. Außer manchem gelehrten Aufsatze in Zeitschriften erregte seine 1781 zuerst herausgekommene Übersetzung der »Odyssee« des Homer (s. d.) allgemeines Aufsehen, der 1793 die der »Ilias« folgte. V. war inzwischen Rector (1782) in Eutin geworden, wo er auch seine »Luise« dichtete, die Übersetzung des Virgil (s.d.) und seine »Lyrischen Gedichte« in 4 Bdn. 1802 herausgab, in demselben Jahre aber seine Stelle aus Gesundheitsrücksichten niederlegte und mit einem Jahrgelde und dem Hofrathstitel vom Herzoge von Oldenburg, nach Jena ging, von wo er 1805 an die heidelberger Universität berufen wurde, wo er 1826 gestorben ist. An die schon genannten Übersetzungen reihten sich noch die des Horaz, Hesiod, Theokrit, Tibull, von denen zum Theil verbesserte Auflagen erschienen, und 1821 die des Aristophanes. Auch unternahm er mit seinen Söhnen Heinr. V., gest. 1822, und Abraham V., seit 1821 Professor am Gymnasium zu Kreuznach, 1819 eine Übersetzung der Werke Shakspeare's, bei der er jedoch nach ungeeigneten Grundsätzen verfuhr. Außerdem hat er als wackerer, wenn auch mitunter zu leidenschaftlicher Streiter für Licht und Recht, gegen Pfaffen- und Junkerthum, der Welt wesentlich genutzt. Die neueste Ausgabe seiner »Poetischen Werke«, in denen er hauptsächlich antiken Mustern folgte, ist 1835, die letzte seiner »Luise« 1837 in Leipzig herausgekommen. Sein Leben hat Paulus in den »Lebens- und Todeskunden über I. H. V.« (Heidelb. 1826) geschildert, auch sind seine kleinen Schriften gesammelt (2 Bde.), sowie Briefe von ihm (3 Bde.) nach seinem Tode herausgegeben worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 628.
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