Wermuth

[695] Wermuth (der). Von den mehrerlei Arten dieser durch ihre sprüchwörtliche Bitterkeit ausgezeichneten Pflanze wächst der aus Griechenland stammende gemeine Wermuth (Artemisia absinthium) jetzt fast in ganz Europa wild an Wegen und trockenen, steinigen Stellen. Er wird gegen 2 F. hoch, hat vielspaltige, zusammengesetzte Blätter und gelbe, runde, herabhängende Blüten, welche im Jul. und Aug. zum Vorschein kommen. Frisch hat die ganze Pflanze einen gewürzhaft bittern Geschmack, welcher selbst auf die Milch der Thiere übergeht, die davon gefressen haben, und einen balsamischen, unangenehm betäubenden Geruch. Die Blätter werden im Mai gesammelt und sind noch bitterer als die Blüten; die vordem häufige Verwendung in den Apotheken hat sich sehr vermindert, allein zu magenstärkenden und reizenden Mitteln, wie Wermuthwein, Magenliqueuren, wohin der zu Neufchatel in der Schweiz von besonderer Güte bereitete Extrait d'Absinthe gehört, der gewöhnlich mit Wasser vermischt getrunken wird, findet er häufige Anwendung. Auch dem Bier wird Wermuth zugesetzt, wodurch es vor dem Sauerwerden geschützt und bitterer, aber auch berauschender wird. Beim Honigsammeln werden die Bienen durch Räucherung mit Wermuth verscheucht, den Schafen aber ist er ein beliebtes und sehr zuträgliches Futter. Vom pers. Wermuth, einer strauchartigen Pflanze, deren Blätter und Stengel mit einem weißlichen Filze überzogen sind, soll der berühmte Wurmsame oder Zittwersame herrühren. Es besteht derselbe in kleinen, länglichen, glatten, bräunlich- oder gelbgrünen Samen, vermischt mit Blütentheilen, hat einen starken, eigenthümlich widerlichen Geruch, ähnlich der Zittwerwurzel (s. Zittwer), und bitterscharfen, harzigen, ekeln Geschmack. Als Mittel gegen Würmer wird er Kindern und Erwachsenen verordnet und mit Honig, Möhrensaft, in Kuchen gebacken, verzuckert, mit Milch und auf andere, den widrigen Geschmack mildernde Weise eingenommen. Wie der gemeine Wermuth wächst auch der Beifußwermuth, oder gemeine Beifuß wild an Wegen und wüsten Stellen, von welchem die Blüten als Würze an Gänsebraten und zu anderm Geflügel beliebt sind. Mehre andere Wermutharten werden in den Gärten gezogen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 695.
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