Zahl

[775] Zahl. Man versteht darunter eine Menge oder eine Anzahl Dinge (Einheiten) von einerlei Art, sowie den Ausdruck davon als ein Ganzes in Zahlzeichen oder Ziffern, welche für das Ohr sprachlich in Zahlworten ausgesprochen werden. Weil sonach erst mehre Einheiten eine Zahl ausmachen, hat man die Eins selbst noch für keine Zahl gelten lassen wollen, sondern die Zwei für die erste wirkliche Zahl erklärt. Mehre vollständige, zu einer Zahl verbundene Einheiten geben eine ganze Zahl, wie 6 oder 8; wenn aber eine dieser Einheiten nicht vollständig ist, wie 61/3 entsteht eine gebrochene Zahl oder ein Bruch. (S. Bruchrechnung.) Unter geraden Zahlen werden die verstanden, welche sich in gleiche, mit ganzen Zahlen anzugebende Hälften zerlegen lassen, wie 8 und 6, was bei den ungeraden (z.B. 7, 6) nicht möglich ist. Wenn neben der Zahl auch die Art der Einheiten angegeben ist, z.B. Menschen, Häuser, Thaler, Centner u.s.w., so heißt die Zahl eine benannte, ist die Art der Einheiten nicht angegeben, eine unbenannte Zahl. Die Wissenschaft von den Zahlen heißt Arithmetik (s.d.), die wissenschaftliche Bildung eines Zahlengebäudes oder die Anordnung der Zahlen als Reihen nach den Potenzen einer bestimmten Zahl, welche dann Basis oder Grundzahl heißt, nennt man ein Zahlensystem. Wir bedienen uns mit allen gebildeten Völkern des zehntheiligen oder nach dem Griechischen sogenannten dekadischen Zahlensystems, nach welchem immer je zehn Einheiten zusammengenommen werden, welche wir mit 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 0 bezeichnen. In den danach angeordneten Zahlreihen stehen von der rechten zur linken zuerst Einer, dann Zehner, Hunderte, Tausende, Zehntausende, Hunderttausende; folgen noch mehr Zahlen, so zeigen sie in der angeführten, von neuem beginnenden Ordnung die ein, zehn, hundert, tausend, zehn- und hunderttausend Millionen an, bei mehr als 12 die Billionen, bei mehr als 18 die Trillionen. Die Basis dieses Zahlensystems ist demnach zehn; wird zwei zur Grundzahl genommen, so erhält man das dyadische, von drei das triadische, von vier das tetradische, von fünf das pentadische, von sechs das hexadische, von sieben das heptadische, von acht das oktadische, von neun das enneadische, von zwölf das dodekadische Zahlensystem. Merkwürdig darunter ist das dyadische, auch binarische Zahlsystem deshalb, weil es der wenigsten Zahlzeichen bedarf, indem es blos 1 und 0 kennt. Nach ihm ist 1 eins, 10 zwei, 11 drei, 100 vier, 101 fünf, 110 sechs, 111 sieben, 1000 acht, 10,000 sechszehn. Das dodekadische oder Zwölfersystem bietet den Vortheil, daß seine Grundzahl zwölf von allen bis 24 die kleinste ist, welche sich mit viererlei Zahlen, mit 2, 4, 3, 6 theilen läßt, während zehn blos mit 2 und 5 theilbar ist. – Die Zahlzeichen oder Ziffern dienen dazu, die Zahlen kurz durch sichtbare Zeichen auszudrücken, wozu mehre alte Völker sich der Buchstaben bedienten. Die Römer bezeichneten mit I eins, mit V fünf, mit zwei Fünfern Zahl, woraus X wurde, zehn; funfzig war L, sechszig LX, hundert C, fünfhundert D, tausend M, der Anfangsbuchstabe des gleichbedeutenden Zahlwortes mille. Zur Abkürzung ward eingeführt, daß die Zeichen für den kleinern Werth, wenn sie links neben dem für die größern stehen, davon abzuziehen sind, daher IV nur vier und nicht wie VI sechs bedeutet; XL ist sonach vierzig, XC neunzig. Unsere Zahlzeichen, welche man arabische nennt, weil wir sie von den Arabern angenommen haben, stammen eigentlich von den Indiern her, welche sich derselben schon in den ältesten Zeiten bedienten. Durch die Araber kam die ind. Rechnungsart nach Spanien und der nachherige Papst Sylvester I. soll sie um das Jahr 1000 mit nach Italien gebracht haben. Die Annahme der Rechnung mit dekadischen Zahlen ging jedoch im Abendlande nur langsam von statten und war zu Anfange des 13. Jahrh. selbst unter den Kaufleuten noch nicht allgemein. Der für Zahlzeichen gleichbedeutend gebrauchte Name Ziffern hat eigentlich seiner arab. Abstammung nach die beschränktere Bedeutung Null. Schon seit Pythagoras (s.d.) und seiner Schule hat man in den Zahlen und ihrem Systeme allerlei Geheimnisse gesucht und bei den unendlich mannichfachen Zusammenstellungen, welcher die Zahlen fähig sind ganz unerwartete, fast ans Wunderbare streifende Ergebnisse erhalten. Allein es sind das doch immer nur Zahlenverhältnisse und das Wunderbare ist nur scheinbar, weil es nicht voraus gesehen wurde, wie es sich denn auch mit den auf [775] Zauberformeln und Amuleten angewandten Zauberquadraten verhält. (S. Magie.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 775-776.
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