Erbrecht

[524] Erbrecht, der Inbegriff aller Bestimmungen über Sukzession auf den Todesfall. Gegenstand der Erbfolge ist die Erbschaft (heredĭtas), d.h. das gesamte Besitztum jemandes, soweit es bei seinem Tode auf andere übergehen kann. Die Erbschaftsklage (heredidātis petitĭo) wird gegen den Besitzer der Erbschaft von dem, welcher ein besseres E. behauptet, angestellt. Erbe (heres), d.h. unmittelbarer Vertreter aller übertragbaren Rechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen, oder Miterbe, Vertreter eines bloßen Anteils an denselben, kann nur werden, wer die Erbfähigkeit, d.h. Eigenschaften, die zur Erwerbung einer Erbschaft überhaupt oder der vorliegenden im besondern gesetzlich erforderlich sind, besitzt. Pflicht- oder Noterben sind diejenigen nächsten Intestaterben (Aszendenten, Deszendenten, Ehegatten), welchen, sofern nicht gesetzliche Enterbungsgründe vorhanden sind, wenigstens ein bestimmter Teil des Nachlasses als Pflichtteil hinterlassen werden muß.

Die Erbfolge begründet eine Universalsukzession, d.h. es geht die Gesamtheit oder doch ein nach Quoten bestimmter Teil der Gesamtheit von Rechten und Verbindlichkeiten des Verstorbenen auf den oder die Erben über, während das Vermächtnis oder Legat (s.d.) nur eine Singularsukzession enthält. Der Grund der Erbfolge ist entweder Gesetz (Intestaterbfolge), oder Testament, oder Erbvertrag. Erbfolgerecht haben alle zur Erbschaft Berufenen; die Reihenfolge, in welcher diese zum wirklichen Besitz gelangen, ist die Erbfolgeordnung. Das Deutsche Bürgerl. Gesetzbuch (§§ 1924 fg.) stellt fünf Klassen oder Ordnungen der zur Erbfolge Berufenen auf: 1) die Abkömmlinge des Erblassers, 2) die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, 3) die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, 4) die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, 5) die entferntern Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. – Auch dem überlebenden Ehegatten ist im Deutschen Bürgerl. Gesetzbuche (§§ 1931 fg.) ein E. eingeräumt: neben Abkömmlingen auf ein Viertel, neben Verwandten der 2. Linie oder Großeltern auf die Hälfte, sonst auf die ganze Erbschaft. – Besondere Erbfolgeordnungen des deutschen Rechts sind Primogenitur, Majorat, Sekundogenitur; sie kommen meist im Staatsrecht und Privatfürstenrecht vor. – Vgl. über röm. E.: Koeppen (3. Tle., 1886-95); über deutsches: Strohal (3. Aufl., 2 Bde., 1903-4), Hallbauer (1900); über österr.: Unger (4. Aufl. 1894).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 524.
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