Rationalismus

[494] Rationalismus (vom lat. ratĭo, d.i. Vernunft), im philos. Sinne die Richtung, welche die Quelle der Erkenntnis nicht in der sinnlichen Erfahrung, sondern im gesetzmäßigen Denken der Vernunft sieht; im theol. Sinne die Denkweise, welche die religiöse Erkenntnis im wesentlichen aus der menschlichen Vernunft schöpft und im sittlichen Handeln den eigentlichen Inhalt der Religion erblickt; bes. die im Zeitalter der Aufklärung aufkommende, Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrh. herrschende theol. Richtung (Hauptvertreter: Semler, Wegscheider, Bretschneider, Paulus und Röhr), welche die Vernunft zum Maßstabe dessen, was als Kern der christl. Religion anzusehen sei, machte. Für wesentlich galt ihm vom Christentum nur die Moral und die sie verbürgenden Glaubensvorstellungen von Gott, Freiheit, Unsterblichkeit. – Vgl. Stäudlin (1826), Rückert (1859).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 494.
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