Spinnerei

[741] Spinnerei, die Arbeit des Spinnens, auch die hierfür eingerichtete Fabrik. Das Spinnen bezweckt, die Gespinstfasern (s.d.) nach entsprechender Vorbereitung (Reinigung etc.) so umzuordnen, daß sie einen beliebig langen, gleichmäßig dicken Faden bilden, dessen Festigkeit schon durch die Zusammendrehung der Fasern und ihre dadurch bedingte gegenseitige Annäherung begründet ist. Die Hand-S. benutzt einfache Hilfsmittel (Handspindel, Spinnrad) unter Betätigung der Hände, die mechan. S. verschiedene nacheinander arbeitende Maschinen. Der Gebrauch der Handspindel verliert sich ins Vorgeschichtliche und wird in manchen Gegenden noch heute geübt. Einen großen Fortschritt bedeutet das 1530 von Jürgen erfundene Spinnrad. Die eigentliche Spinnereiindustrie beginnt zu Anfang des 18. Jahrh. mit Einführung der Spinnmaschinen. Das durch mechan. und chem. Reinigung vorbereitete Spinnmaterial erlangt auf der Krempel, einer mit feinen Häkchen besetzten Trommel, die erste Umordnung zu einem zusammenhängenden, gleichförmigen Faserband, welches durch stufenweises Strecken (in der Baumwoll-, Kammgarn-, Flachs-, Hanf-, Jute- und Werg-S.) oder durch Längsteilung (in der Streichgarn-S.) zu Vorgarn oder Vorgespinst, der fadenförmigen Vorstufe zum Feingarn oder Feingespinst, umgewandelt wird. Die eine Vielzahl von Fäden verarbeitenden Feinspinnmaschinen verwandeln durch Strecken und Drehen das Vorgespinst in Feingespinst, das nun die endgültige Feinheit und Festigkeit besitzt. Gegenwärtig sind zwei Hauptarten von Feinspinnmaschinen in Gebrauch, der Selfaktor und die Drosselmaschine. Beim Selfaktor, der aus der Mulefeinspinnmaschine von Crompton hervorging, wechseln, wie bei der Handspindel, das Spinnen und Aufwinden ab, indem die zur Aufnahme des Gespinstes bestimmten Spindeln auf einem Wagen so angeordnet sind, daß sie bei dessen Entfernung von dem Streckwerk (Ausfahrt) die Zusammendrehung des Vorgespinstes und bei dessen Annäherung an das Streckwerk (Einfahrt) das Aufwinden des soeben gefertigten Feingespinstes bewirken. Bei der Drosselmaschine dagegen erfolgt, wie beim Spinnrad, das Spinnen und Aufwinden gleichzeitig, wodurch Raumersparnis, sowie eine größere Leistung erzielt wird. Eine Verbesserung der Drosselmaschine ist die Ringmaschine, bei welcher das Aufwinden geringern Widerstand findet, so daß auf ihr feinere Garne als auf der Drosselmaschine gesponnen werden. Die feinsten Nummern verbleiben dem Selfaktor. – In der Kammgarn-S. erfolgt nach dem Krempeln noch das Kämmen mit der Kämmaschine, die eine weitere Parallellegung der Fasern und ein Abschneiden kurzer querliegender Fasern bewirkt. (S. auch Baumwollspinnerei, Flachsspinnerei etc.)

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 741.
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