Angelo, Michel

[210] Angelo, Michel, Buonarotti, aus der Familie der Grafen von Canossa, geboren zu Capresa 1474. Bildhauer, Architekt, Maler und Dichter, einer der größten Männer aller Zeiten, beseelt von einer riesigen Phantasie, kühn und kolossal in der Ausführung seiner Kunstwerke, unerschöpflich im Reichthume seiner Erfindung. Sein Talent entwickelte sich schon frühzeitig, und er fand an dem kunstliebenden Hosc der Medici's Unterstützung und Auszeichnung. Später lebte er abwechselnd in Rom und lieferte im Auftrage mehrerer auf einander folgender Päpste eine große Anzahl von Sculpturen, Bauten und Frescomalereien, welche alle eben so von der Hoheitseiner Empfindung wie von der Unerschöpflichkeit seiner Schöpfungskraft zeigen. Er malte das jüngste Gericht in der sixtinischen Capelle, baute den größten Theil der Peterskirche, verfertigte das berühmte Grabmal Julius II. Der Plan der Rialtobrücke zu Venedig ist von ihm, so auch die Festungswerke und die Fassade der Lorenzkirche in Florenz, ferner: das Campidoglio in Rom und eine große Menge anderer Kunstwerke mehr. – Von seinen Zeitgenossen wurde er so hoch in Ehren gehalten, daß ihm einst P. Paul III., von 10 Cardinälen begleitet, einen feierlichen Besuch abstattete, was vor ihm noch keinem Künstler widerfahren war. Cosmus von Medicis entblößte jedes Mal sein Haupt, so oft er mit Michel Angelo sprach. Die Fürsten und Reichen aller Länder strebten nach dem Besitze seiner Kunstwerke. Sein Ruhm, seine Anerkennung war so groß, daß der Neid auch nicht einen geringen Theil derselben zu schmälern vermochte. Auch seine Gedichte und andere Schriften zeugen für sein Genie. Sie sind voll Geist, Phantasie, Witz und Laune. Er war ein edler, freigebiger, anspruchsloser Mensch, der dem Glück der Ehe entsagte, weil er die Kunst seine Gattin, seine Werke[210] seine Kinder nannte. Er starb 1564 zu Rom, 90 Jahre alt und wurde von Pius IV. mit großem Pompe begraben. Cosmus von Medicis aber ließ die Leiche rauben, heimlich nach Florenz bringen und in der heil. Kreuzkirche mit großen Feierlichkeiten beisetzen - Ein schönes Denkmal schmückt seine Gruft. – Dem Theaterpublikum hat in neuerer Zeit Oehlenschläger in seinem Correggio des Meisters Geist und Sinn zu lebendiger Anschauung vorgeführt.

–n.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 210-211.
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