Friederike Auguste Sophie, Fürstin von Anhalt-Zerbst

[256] Friederike Auguste Sophie, Fürstin von Anhalt-Zerbst, Fürstin von Anhalt-Zerbst, eine edelmüthige Frau, minder durch außerordentliche Schicksale als durch stille Tugenden ausgezeichnet, war die Tochter des Fürsten Viktor Friedrich von Anhalt-Bernburg und am 28. August 1744 zu Ballenstedt geboren. Eine fromme Richtung ihres Geistes, die sich mehr nach dem Stillleben, als nach den geräuschvollern Freuden der Welt hinneigte, mußte dem Uebergewicht der Verhältnisse weichen. Friederike war noch nicht 20 Jahre alt, als der Fürst von Zerbst, der Bruder der Kaiserin Katharina, um ihre Hand warb. Die Verbindung wurde am 27. Mai 1764 in Ballenstedt vollzogen, dann nahmen die Neuvermählten ihren Aufenthalt zu Koswig, verließen aber schon nach kurzer Zeit ihr Land und ließen sich in Basel nieder. In der strengsten Zurückgezogenheit, fern von Aufwand und Pracht, verlebte die edle Frau ihre besten Jahre in anspruchsloser Häuslichkeit, ohne die Freuden der Jugend, der großen Welt und ihres hohen Standes zu vermissen; sie trug weder Schmuck noch Orden, womit ihre Schwägerin, die Kaiserin von Rußland, sie beschenkt hatte; die allgemeine Achtung und Verehrung aber, die ihr ihre Freundlichkeit, Güte und Liebenswürdigkeit erwarben, ersetzten jenen Glanz reichlich. 1780 verließ ihr Gemahl Basel und reiste nach Luxemburg, Friederike blieb[256] zurück und wurde von den Besuchen mehrerer geliebten Verwandten erfreut, namentlich durch die nachherige Kaiserin Maria Feodowna. In Folge politischer Bewegungen sah sich die Fürstin 1791 genöthigt, einen Ort zu verlassen, der ihr nach 26 jährigem Aufenthalte lieb geworden war, in dem ihre stillen Tugenden das ehrendste und liebevollste Andenken zurückließen. Während dieser Zeit hatte sie für die Wohlthätigkeitsanstalten ihres geliebten Vaterlandes Anhalt unausgesetzt thätig gesorgt und sich namentlich um das Zerbster Armenwesen die größten Verdienste erworben. Sie nahm ihren Wohnsitz in Jever, wo sie mit Jubel empfangen wurde und gleichfalls unendlich viel Gutes wirkte. Die Herrschaft Jever fiel zwar nach dem Tode ihres Gemahls 1793 an Rußland zurück und zu Folge der errichteten Ehepakten ward nun Koswig die Witthumsresidenz der Fürstin; allein ihre Schwägerin, die Kaiserin ernannte Friederiken zur Administratorin der Herrschaft, als welche sie nur die Huldigung annahm. Die ungeheucheltste Freude empfing sie in Koswig, wohin sie bald nachher zurückkehrte; Aller Herzen und das freudigste Willkommen begrüßten die Ankunft einer wahren Landesmutter. Durch den Frieden von Tilsit 1807 verlor die Fürstin die Administration von Jever, das sie mit den reichsten Wohlthaten gesegnet hatte, für welche ihr milder, christlicher Sinn keine Grenzen kannte. So durfte Friederike am Spätabend eines segensvollen, schön angewandten Lebens mit Heiterkeit und Ruhe ihrer Auflösung entgegensehen; als ein Friedensbote erschien ihr der Todesengel; ihr Entschlummern am 12. April 1827 war das Bild der Vollendung einer Gerechten. Unzählige Thränen wurden ihr nachgeweint; sie sind ihr schönstes Denkmal Und wenn das dankbare Andenken von tausend beglückten und getröstetenen Seelen jedes Monument überdauert, so hat die Fürstin Friederike von Anhalt-Zerbst die Palme der Unsterblichkeit errungen.

R.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 256-257.
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