Korallen

[197] Korallen, nennt man die horn- oder kalkartigen beweglichen Wohnungen einer unendlichen Menge beisammen lebender und ihrer Natur nach unzertrennlicher Pflanzenthierchen. Ihre Entstehung und Fortpflanzung geschieht wie das Vortreiben der Zweige aus dem Stamme oder das Ausschlagen der Blätter aus den Zweigen. Sie vermehren sich so schnell, daß man an Klippen verunglückte Schiffe in der Südsee, wo sie vorzüglich schön, roth, weiß, braun und von allen Farben und baumähnlichen Gestalten anzutreffen sind, in Kurzem mit Korallen überzogen sieht. Ihre durchlöcherten und zellenartigen Wohnungen wachsen ins Unermeßliche aus dem Grunde des Meeres hervor, und bilden mitten in demselben bewohnbare Inseln, während ihre ungeheuren Arme in den tiefen Wogen umherrudern und Alles, was sie erreichen, zertrümmern, an sich reißen und durch Ansaugung verzehren. Die Koralleninseln im stillen Ocean sind eine von den merkwürdigen Erscheinungen, welche die an Naturwunder gewöhnten Südseefahrer selbst in Erstaunen setzt. Ein seltsames Gefühl, auf einer Insel zu stehen, unter deren Fußboden Millionen von Thieren geschäftig arbeiten! Im sogenannten Archipel der Gefahr oder dem Korallensee, einem kleinen[197] Theil des stillen Oceans, liegen auf einer Fläche von 100 Meilen Länge eine Masse von K.-Rissen, K.-Felsen, K.-Inseln und Säulen. Die Mathilden- oder Osnaburginsel war im J. 1792 nur ein Korallenriff, jetzt ist sie 14 M. lang und mit den schönsten Palmen und schlanken Bäumen bewachsen. Man unterscheidet Horn- und Kalkkorallen, Röhren- und Sternkorallen, Punkt- und Gliederkorallen. Die schönste unter allen ist die rothe, welche man Blutkoralle nennt, und zu Rosenkränzen, Arm- und Halsbändern und allerlei niedlichen Zierathen verarbeitet.

I.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 197-198.
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