Macbeth, Lady

[462] Macbeth, Lady, eine von Shakespeare's Riesenschöpfungen, ein weiblicher Charakter, wie ihn die Wirklichkeit selten aufstellt und welchem Wahrheit einzuhauchen nur einem solchen Titanengeiste gelingen konnte. Eine dürftige historische Andeutung gab Shakespeare den Stoff zu seiner unsterblichen Tragödie, in der er die Anstrengungen und Qualen des Ehrgeizes, das Verbrechen, die Rache der Nemesis, den Wahnsinn mit den ergreifendsten Farben geschildert hat. Einige Kritiker haben der Lady Macbeth Unweiblichkeit zum Vorwurf gemacht, ohne zu bedenken, daß ihre Unthat, wie ihre Strafe auf dem Heraustreten aus den Schranken der Weiblichkeit basirt ist. Sie ist ein Weib im Streben ihrer Eitelkeit und[462] Ruhmsucht, in dem Verlangen den Gatten groß und geehrt zu sehen; aber sie ist ein Weib, »das nie ein blühend Kind an ihre Brust gedrückt,« dem die Töne der Liebe und Zärtlichkeit fremd geblieben. Jede Sünde an der Natur bestraft sich selbst, das Schicksal herausfordern heißt einen Kampf auf Leben und Tod eingehen. – Macbeth war schottischer Feldherr, der unter seinem Vetter Donald VII., im J. 1040 die Dänen schlug, darauf Donald ermordete und sich des Throns bemächtigte, allein von Macduff, Than von Fife, und Malcolm, dem Sohne Donald's, 1057 gestürzt und getödtet wurde. Shakespeare's Dichtung ist von Schiller, Spieker u. A. in's Deutsche übertragen worden. Von unsern vaterländischen Bühnenkünstlerinnen ist es besonders der Sophie Schröder und der Crelinger gelungen, die schwierige Partie der Lady Macbeth mit psychologischer Wahrheit zur Anschauung zu bringen. – (Man vergl. das Werk der Miß Jameson über die Frauen Shakespeare's; deutsch von A. Wagner. Leipzig, 1835.)

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 462-463.
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