Narbonne, Vicomtesse von

[363] Narbonne, Vicomtesse von, Hermengarde, Vicomtesse von, vermählte sich 1142 zuerst mit einem span. Großen, erbte nach Verzichtleistung Alfons Jourdains, Grafen von Toulouse, die Vicomté Narbonne, und verband sich in zweiter Ehe 1145 mit Bernard von Anduze, der in der Geschichte der Troubadours berühmt ist. Tapfer und hochgesinnt wie ihre Vorfahren, kämpfte Hermengarde gegen die Mauren in Spanien, die damaligen Feinde der Christenheit. Nachdem ihr Vetter Aimeré II. 1154 unter den Mauern vor Fraga gefallen war, bewaffnete sie sich und eilte der Stadt Tortosa, welche die Sarazenen belagerten, zu Hilfe, schlug diese, verständigte sich 1155 mit Ludwig dem Jüngern, König von Frankreich, über die Abtretung[363] der von dem Erzbischofe von Narbonne geraubten Landestheile und erhielt dafür von ihm die Macht in eigener Person Recht zu sprechen, ein Privilegium, von welchem die Frauen nach römischem Rechte ausgeschlossen waren. So herrschte sie unumschränkt in ihrer Grafschaft, ging einen Handelstractat mit den Genuesen ein und adoptirte, da sie keine Kinder gezeugt, ihren Neffen Aimeré de Lara, als Erben und Nachfolger. Aber er starb bereits 1157 ohne Nachkommen. Raymund Graf von Toulouse wollte nun ihre Wahl zu seinen Gunsten bestimmen und bedrohte sie deßhalb mit Waffengewalt. Sie aber suchte Schutz gegen seine Drohungen beim Könige von Aragonien und den Grafen von Nimes und Carcassone. Raymund wurde gedemüthigt und Hermengarde trat nun die Regierung ihres Landes, welches sie trotz vieler Wechselfälle standhaft behauptet und vergrößert hatte, ihrem zweiten Neffen Peter de Lara ab. Sie starb den 14. Oct. 1197 zu Perpignan, wohin sie sich zurückgezogen. Ihr Palast, der Schauplatz politischer Verhandlungen und glänzender Feste, vereinigte vor ihrer Abdankung alle nahmhaften Dichter des Südens; hier gab es Blumenspiele und Wettgesänge, und häufig präsidirte die heroische Kastellanin von Narbonne selbst den Sitzungen des Liebeshofes. Ihr Name ist gefeiert in der Geschichte der provençalischen Poesie.

L.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 363-364.
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