Placidia, Galla

[226] Placidia, Galla, diese Römerin, deren Namen die Geschichte auf die Nachwelt gebracht hat, war die Tochter Theodosius des Großen und dessen Gemahlin Galla, und eine Schwester von Honorius und Arkadius. Noch als Jungfrau erlebte sie die Schmach ihrer Vaterstadt, ihre Thore Alarich, dem Könige der Westgothen, im Jahre 410 öffnen zu müssen. Jene unermeßlichen Schätze, welche Rom seit 1000 Jahren aus allen 3 Welttheilen in seinen Mauern aufgehäuft hatte, wurden eine Beute der Sieger, und Placidia selbst wurde als Gefangene mit fortgeführt und 4 Jahre darauf genöthigt, sich mit Ataulf, dem Schwager Alarich's, zu vermählen. Dieser starb bereits ein Jahr nach der Verbindung, und P. hatte von da an die schimpflichste Behandlung zu erdulden, bis[226] sie endlich 417 frei gelassen, nach Constantinopel ging und den Consul und Patrizier Constantius heirathete. Von diesem Mutter der Honoria und Valentinian's III., welcher Letzterer zum Herrscher des abendländischen Kaiserreichs gewählt wurde, führte sie während dessen Minderjährigkeit von 425–50 die Regierung in Rom, und starb daselbst im Jahre 450. Ihr Leichnam ward nach Ravenna gebracht und dort lange Zeit, in einem Stuhle von Cypressenholz sitzend, aufbewahrt. Placidia hat das Verdienst, die immer mehr sinkende Herrschaft der Römer im Abendlande noch 25 Jahre lang mit kräftiger Hand aufrecht erhalten zu haben.

B.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 226-227.
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