Stärke

[394] Stärke, ein sehr feines, aus Weizen oder Kartoffeln gewonnenes Mehl, das wegen seiner vorzüglichen Güte den Namen Kraftmehl erhalten hat. Es dient im pulverisirten Zustand hauptsächlich zu seinem Backwerk, als Stärke hingegen zum Steifen der Wäsche. Als solche ward sie zuerst von einer Niederländerin 1564 in London eingeführt, welche sich als Lehrerin für die Kunst des Stärkens 4-5 Pfund, für die Stärke zu sieden aber 20 Schilling geben ließ. Zu Steifhaltung der damals gerade üblichen ungeheueren Kragen war die Stärke sehr willkommen, und man hatte deren von 5 verschiedenen Farben. Ein damaliger Sittenrichter schreibt: »Der Teufel hat erst in seiner übermäßigen Bosheit die großen Kragen erfunden, und nun hat er sich auch zwei Pfeiler ausgedacht, wie er sein Reich der Hoffahrt unterstützen und aufrecht erhalten möge. Der eine Pfeiler ist eine Art von flüssiger Materie, welche sie Stärke nennen, und der Teufel hat sie gelehrt, ihre Kragen hineinzutauchen, daß sie steif werden und, ohne sich zu biegen, um den Hals[394] anliegen, so wie sie trocken sind. Der andere Pfeiler ist ein Geflechte von Draht, zu demselben Zwecke gemacht und mit Gespinnst von Gold, Seide oder Silber überzogen. Das nennen sie den Unterzug vom Kragen etc.« Am beliebtesten war die gelbe Stärke.

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 394-395.
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