Tofania

[156] Tofania, eine Palermitanerin, die sich durch Vergiftungen eine grauenhafte Berühmtheit erworben hat. Die ersten Spuren davon zeigten sich 1659, doch trieb sie ihr Unwesen lange unentdeckt und hatte Helferinnen, unter denen sich eine gewisse Flieronyma Spara vorzüglich thätig zeigte. Das von der Tosania bereitete Gift war höchst unschuldig von Ansehen, ohne vorherrschenden Geruch noch Geschmack wie reines Wasser, weßhalb es auch in kleinen, glatten Fläschchen als heilkräftiges Wasser vom Gesundsbrunnen des heil. Nicolaus von Bari versandt wurde. Eine solche Sendung, die man auf Befehl des Vicekönigs von Neapel, der Argwohn gefaßt hatte, untersuchte, brachte das finstere Treiben zur Entdeckung, doch zeitig benachrichtigt flüchtete die Tosania in ein Kloster, von wo aus sie der Gerechtigkeit trotzte. Der Kardinal Pignatelli verweigerte, die Unverletzlichkeit klösterlichen Asyls zum Vorwande nehmend, längere Zeit ihre Auslieferung, bis endlich ein von der Regierung geflissentlich verbreitetes Gerücht, das ruchlose Weib habe die Brunnen vergiften wollen, Volksaufstand erregte und. durch diesen die Strafbare zur gerechten Vergeltung dem Gericht zuführte. Sie gestand über 600 Vergiftungen, zu denen sie anfänglich durch Gewinnsucht veranlaßt, später aus Neigung beigetragen hatte, und ward nach Einigen gehängt, noch Andern lebenslänglich gefangen gehalten. Leider starb mit ihr das entsetzliche Geheimniß der Zubereitung des aqua Tosana nicht aus und noch immer soll es in Italien Leute geben, welche sie verstehen. Es tödtet langsam, doch sicher durch Zerstörung aller Lebensorgane, und es soll sich nach der Masse die Zeit der gänzlichen Auflösung genau vorher bestimmen lassen. Die Hauptingredienz dazu soll spanische Fliegenessenz sein, doch glaubte man ehedem, das scheußliche Gift werde aus dem in Verzweiflung ausgestoßenen Schaume eines zu Tode gekitzelten Menschen genommen.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 156.
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