Veitstanz

[305] Veitstanz. Diese Krankheit, welche aus der unregelmäßigen Einwirkung überreizter Nerven auf die Muskeln hervorgeht, zeigt sich in einer heftigen Beweglichkeit aller Gliedmaßen und in so krampfhaften Zuckungen in den Muskeln der äußeren Glieder, daß der daran Leidende einem in voller Raserei Tanzenden oder Springenden gleicht, und zuweilen mit unglaublicher Schnellkraft selbst die Wände hinausläuft, bis Erschöpfung und dann auf einige Zeit wieder Ruhe eintritt. Alltäglich, oft auch mehrmals an einem Tage, kehren die Zuckungen wieder. Eine krankhafte Stimmung des Unterleibsnervensystems mag meist die Hauptursache der Krankheit sein, die sehr mild behandelt, und mehr durch unterstützende Mittel geleitet, als durch heftige Curen unterdrückt sein will. Der Sage nach hat sie ihren Namen von der ehemals bei Ulm befindlichen Kapelle St.-Veits, wohin die daran Erkrankten häufig wallfahrteten, dort angekommen, sogleich in die Tanzwuth verfielen, dann aber nach eingetretener Ohnmacht allemal für ein ganzes Jahr hergestellt waren.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 305-306.
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