Büchner, Ludwig

[81] Büchner, Ludwig, geb. 1824, Arzt in Darmstadt, gest. 1899.

B., dessen »Kraft und Stoff« außerordentliche Popularität genoß, ist Materialist, der aber in den fundamentalen Begriffsbestimmungen schwankt. Die Naturwissenschaft ist die Grundlage aller Philosophie, Metaphysik ist etwas Rückständiges. Das Wirkliche ist so, wie Physik, Biologie, Entwicklungstheorie, Physiologie es zeigen. Aller Dualismus von Geist und Materie, Seele und Leib ist zu bekämpfen. Es gibt nur ein Seiendes, welches zugleich Kraft und Stoff ist, »Keine Kraft ohne Stoff – kein Stoff ohne Kraft«. Sie sind nur zwei Seiten oder Erscheinungsweisen eines und desselben Wesens. Es gibt nichts Immaterielles. Die Kraft ist Bewegung des Stoffes oder Ursache einer solchen. Materie und Bewegung sind ewig. Stoff, Kraft und Geist sind nur verschiedene Ausdrücke für ein Seiendes. Das Geistige ist an die Materie gebunden, nichts Selbständiges. »Seele« ist ein Kollektivbegriff für die Gehirnfunktionen. Wie das Leben so ist auch das Denken nur eine besondere Form der allgemeinen Naturbewegung. In der Natur gibt es nur strenge Gesetzlichkeit, nur Kausalität, keine Zweckursachen. Der Mensch ist ein Naturgebilde, ein Produkt der Entwicklung, in seinem Wollen und Handeln durch die Natur determiniert. Die menschliche Seele ist das Gehirn selbst und daher sterblich. Gott ist nichts als die Natur selbst.

SCHRIFTEN: Kraft und Stoff, 1855, 21. A. 1904. – Natur und Geist, 1857, 3. A..1876. – Sechs Vorles. üb. d. Darwinsche Theor., 1868. – Der Mensch u. s. Stell. in d. Natur, 1869. – Der Gottesbegriff, 1871. – Das künftige Leben u. d. mod. Wissensch., 2. A. 1889. – Am Sterbelager d. Jahrhund., 1897. – Die Macht d. Vererbung, 2. A. 1909 u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 81.
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