Die Karthager gegen Dorieus

[748] Als König Anaxandridas von Sparta lange Zeit in kinderloser Ehe gelebt hatte, zwangen ihn die Ephoren, eine zweite Frau zu nehmen, damit sein Haus nicht aussterbe. Von dieser zeugte er seinen Nachfolger Kleomenes. Aber kurz darauf gebar auch die erste Frau einen Sohn, Dorieus, dem dann noch zwei Brüder folgten. Dorieus vermochte, herangewachsen, das Regiment seines Bruders, der ihm als Eindringling galt, nicht zu ertragen. So zog er aus, eine Kolonie zu gründen (um 515 v. Chr.). Eine Anzahl Spartiaten beteiligte sich an der Expedition (Herod. V 46); eine starke Schar von Auswanderern, wohl nicht nur aus Lakonien, sondern aus dem ganzen Peloponnes, schloß sich an. Zunächst machte Dorieus den Versuch, sich an der afrikanischen Küste mitten zwischen den Syrten in der Oase des Kinyps (östlich von Tripolis) festzusetzen, die durch ihre üppige Fruchtbarkeit zu der umgebenden Wüste um so stärker kontrastiert (vgl. Herod. [748] IV 175. 198)1065. Die Theräer, durch ihre Beziehungen zu Kyrene mit den afrikanischen Gewässern bekannt, wiesen ihm den Weg; man mochte hoffen, von der neuen Ansiedlung aus ganz Libyen bis zum Tritonsee zu besetzen und hier ein großes Kolonialreich zu gründen (vgl. Herod. IV 179f.). Um so mehr hatten die Karthager Anlaß, die neue Ansiedlung im Keim zu ersticken; im dritten Jahr griffen sie, von den benachbarten Nomaden unterstützt, den Dorieus an und verjagten ihn aus Afrika. Die Trümmer der Ansiedlung am Kinyps waren noch später sichtbar (Skylax 109). In der Nähe gründeten die Karthager die Kolonie Großleptis (bei den Griechen Neapolis)1066; und überhaupt haben sie wohl die Gelegenheit benutzt, um das ganze Syrtengebiet in ihren Machtbereich einzuziehen. Im Winkel der großen Syrte bildete fortan ein kleines Heiligtum, die Altäre der Philänen, die Grenze gegen die Griechen von Kyrene1067.

Nach dem Scheitern seiner ersten Unternehmung zog Dorieus nach Westen. Zuerst soll er mit den Krotoniaten gegen Sybaris gekämpft haben, dann wiederholte er den Versuch des Pentathlos (o. S. 631), die Westspitze Siziliens den Griechen zu gewinnen. Am Fuß des Eryx gründete er eine Stadt Heraklea. Diesen Eingriff in sein Machtgebiet konnte Karthago natürlich noch weniger dulden als die Festsetzung im Syrtengebiet; mit den Elymern von Segesta griff es die Ansiedlung an, Dorieus und der Kern seines Heers – darunter auch ein reicher Krotoniate Philippos (u. S. 756) [749] – fielen im Kampfe (um 510, vgl. Herod. VII 158. Justin XIX 1). Mit dem Rest ging der Spartiate Euryleon nach Heraklea Minoa im Gebiet von Selinus (o. S. 630), stürzte den Tyrannen Peithagoras von Selinus, machte sich dann selbst zum Tyrannen und wurde endlich bei einem Aufstand erschlagen. Das spartanische Unternehmen war vollständig gescheitert.


Quelle:
Eduard Meyer: Geschichte des Altertums. Darmstadt 41965, Bd. 3, S. 748-750.
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