Kerbholz

[491] Kerbholz oder Kerbe, auch die Beile genannt, ist das alte Mittel zum Zählen und Rechnen, die alte Rechentafel, ein später Nachkomme des uralten Runenstabes. Es diente namentlich zur gegenseitigen Sicherstellung und zum Schutz gegen Betrug im Geschäfts- und Rechnungswesen, was dadurch erreicht wurde, dass beide im gegenseitigen Geschäftsverkehr stellenden Teile zwei ganz gleiche etwa fusslange Stäbchen besassen, die man bei der Notierung der Schuld neben einander legte und über die man in einem Zuge so viele Kerben einschnitt oder einfeilte, als die Rechnung Posten[491] betrug. Bei der Abrechnung wurden die beiden Teile miteinander verglichen und die Kerbe, die, sofern keine Fälschung stattgefunden hatte, genau auf einander passen mussten, zusammengezählt. Der Kerbhölzer bedienten sich namentlich Bäcker, Metzger, Milchbauern, Drescher, Müller, Bergleute u. dgl. Auch amtliche Rechnungen wurden so geführt, und im Steuerwesen diente die Einrichtung zur Berechnung und Kontrole zwischen dem Einnehmer und dem Gegenbeamten. Hildebrand in Grimms Wörterbuch; Staub, das Brot im Spiegel schweizerdeutscher Volkssprache und Sitte, Leipzig, 1868, S. 48.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 491-492.
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