Rosenkranz

[887] Rosenkranz, rosarium, Paternoster, heisst die durch eine Reihe Perlen gezogene Schnur, deren man sich in der römischen Kirche bedient, um eine bestimmte Anzahl von Vaterunsern oder Ave-Maria's zu beten. Die Sitte, das Vaterunser mehrmals zu wiederholen, wird im Einsiedler- und Mönchsleben schon des 5. Jahrhunderts erwähnt; zu dieser Zeit hat ein Abt Paulus in der Wüste Pherme das Vaterunser 300 mal hintereinander gebetet, wobei er sich 300 gezählter Steinchen bediente. Der eigentliche Rosenkranz wurde aber erst von den Dominikanern gebraucht; es ist möglich, dass die Kreuzzüge den Gebrauch des Rosenkranzes deshalb begünstigten, weil auch die Brahminen und Mohamedaner sich desselben bedienten. Der Name Rosenkranz ist ohne Zweifel der aus Rosen hergestellten Krone nachgebildet; die mittelhochdeutschen Wörterbücher kennen das Wort in dieser Bedeutung noch nicht; nach Weigand soll es im 15. Jahrhundert aufgekommen sein. Volksmässig wurde der Gebrauch des Rosenkranzes jedenfalls erst nach der Reformation, als deutliches Unterscheidungszeichen den Protestanten gegenüber. Unter den Rosenkranzandachten sind die bekanntesten: 1) Der vollständige oder Dominikaner-Rosenkranz, besteht aus 15 Dekaden kleiner Marienperlen, welche durch 15 grössere Paternoster-Perlen getrennt sind, zum Abzählen von je zehn englischen Grüssen zwischen zwei Vaterunsern. 2) Der gewöhnliche Rosenkranz[887] umfasst fünf Dekaden Marienperlen und fünf Paternosterperlen; dreimal wiederholt bildet er den Marienpsalter. 3) Der mittlere Rosenkranz mit 63 Marien- und sieben Paternosterperlen, zur Andeutung der 63 Lebensjahre, welche die Legende der Jungfrau Maria beilegt. 4) Der kleine Rosenkranz hat zur Erinnerung an die 33 Lebensjahre Christi drei Dekaden Marienperlen und drei Paternosterperlen. 5) Der englische Rosenkranz, rosarium angelicum, hat ebensoviel Perlen wie der vorige; doch wird bei jeder Dekade der Marienperlen nur zu der ersten Marienperle der englische Gruss gesprochen, zu den folgenden nur das Sanktus mit der kleinen Doxologie. 6) Die Krone besteht aus 33 Paternostern zum Gedächtnis der 33 Lebensjahre Christi und aus fünf Ave-Maria zur Feier der fünf Wunden desselben.

Die erste Rosenkranzbruderschaft stiftete 1475 in der Dominikanerkirche zu Köln der Dominikaner Jakob Sprenger, derselbe, der sich mit der Hexenverfolgung berühmt gemacht hat und Mitverfasser des im Jahre 1489 erschienenen Hexenhammers gewesen ist. Sixtus IV., der die Brüderschaft mit einem Ablass privilegierte, forderte zur Verbreitung derselben unter Männern und Frauen auf. Steitz in Herzogs Real-Encykl.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 887-888.
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