Hebel [1]

[244] Hebel, ist eine unbiegsame Stange oder gewichtlose Linie (physischer und mathematischer H.), welche in irgend einem Punkte unterstützt ist, u. auf die in 2 andern Punkten 2 Kräfte so wirken,[244] daß sie dieselbe nach entgegen gesetzten Richtungen zu drehen versuchen. Man unterscheidet daher am H. 3 Punkte: den Unterstützungspunkt od. das Hypomochlion, und die 2 Angriffspunkte, den der Last und den der Kraft. Liegen diese 3 Punkte in einer geraden Linie, so heißt der H. geradlinig, im entgegengesetzten Falle Winkel-H.; liegt der Unterstützungspunkt zwischen den Angriffspunkten, so heißt der H. 2armig, sind diese auf der nämlichen Seite vom Unterstützungspunkt, 1armig. Der 2armige H. ist wieder entweder gleicharmig, wenn beide Angriffspunkte gleich weit vom Unterstützungspunkte entfernt sind, oder ungleicharmig. Ein H. ist im Gleichgewichte, wenn das Product aus der Last und der Länge des H.armes der Last = ist dem Producte aus der Kraft und der Länge des H.armes der Kraft, mit andern Worten: wenn sich Kraft u. Last umgekehrt verhalten wie ihre H.arme. Um einer gewissen Last das Gleichgewicht zu halten, ist daher eine um so vielmal geringere Kraft nöthig, als der H. arm der Kraft länger ist als der H.arm der Last; mißt jener z.B. 10', dieser 2', so reichen 4 Pfd. Kraft hin, um einer Last von 20 Pfd. das Gleichgewicht zu halten. Daher die bedeutenden Wirkungen, die mit dem H. zu erreichen sind, wobei indeß nicht zu übersehen ist, daß, was an Kraft gewonnen wird, an Geschwindigkeit verloren geht. Die am gewöhnlichsten vorkommenden H. sind: die gewöhnliche Wage, die Schnellwage, die H.stangen, Brecheisen, Scheeren, Zangen, Schlüssel, Bohrer etc. Der Fühl-H., Werkzeug, um außerordentlich kleine Raummaße zu bestimmen, beruht auf dem Umstande, daß bei einem ungleicharmigen H., der um seinen Unterstützungspunkt bewegt wird, jeder Punkt des langen Arms einen größeren Weg zu machen hat als jeder Punkt des kurzen und zwar im geraden Verhältniß ihrer gegenseitigen Entfernung vom Mittelpunkte. Fühlniveau, Vorrichtung, um die kleinste Abweichung einer Ebene von der horizontalen Richtung zu messen, besteht aus einer Kanalwage, bei welcher der Fuß des Verbindungsschenkels mit der Achse desselben parallel abgeschliffen ist und auf den beiden Quecksilberoberflächen 2 gleichschwere Schwimmer liegen; der eine ist mit dem kurzen Arme eines Fühl-H.s verbunden, der, wenn die Kanalwage auf eine schiefe Ebene gestellt wird, durch den Schwimmer bewegt wird; sein Steigen oder Fallen wird von dem langen Arme verhältnißmäßig vergrößert u. zeigt an dem Maßstabe der Vorrichtung das Maß der Abweichung von der Horizontalebene an.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 244-245.
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