Tanhäuser

[410] Tanhäuser, Tanhuser, ein Held der jüngern deutschen Volkssage; diese läßt ihn in den Venusberg gerathen, bei der Frau Venus ein üppiges Leben führen, den Reuigen vom Papste keine Verzeihung dafür erhalten u. wiederum in den Venusberg zurückkehren. Wahrscheinlich hängt die Sage mit dem Leben und Gesange eines zur Zeit des Papstes Urban IV. (1261–1264) berühmten Minnesängers Tanhuser, eines bayer. Ritters, zusammen, welcher am österr. und bayer. Hofe gute Tage, in seinen spätern Jahren aber mit Seltenreich, Unrath und Schaffenichts schlimme erlebte. Dieser T. wird in der Literaturgeschichte neben Frauenlob u. Neidhart von Neuenthal (s. d.) gestellt, als ein Repräsentant des Zerfalles des Minnegesanges, wo die Minne derbsinnlich u. gemein aufgefaßt wurde, und als der erste, welcher Gelage und Zechereien besang. Nachdem Tieck u.a. die T. sage poetisch bearbeitet u. Grässe ein Buch darüber geschrieben hatte, benutzte Richard Wagner den Stoff zu einer Oper, die in der musikalischen Welt 1855 einerseits enthusiastisch aufgenommen, anderseits sehr getadelt wurde und nach der Intention des Componisten den Anfang zu einer »Musik der Zukunft« machen soll, die unbestreitbar mit Feuerbachs »Religion der Zukunft« u. dgl. in innerm Zusammenhange steht.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 410.
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