Neugier

[392] Neugier (lat. novarum rerum cupiditas), d.h. die Begier, Neues kennen zu lernen, ist ein unschädlicher Hang des Menschen, der in seinem Wesen begründet ist. »Lockte die Neugier nicht den Menschen mit heftigen Reizen, sagt, erführ' er wohl je, wie schön sich die weltlichen Dinge gegeneinander verhalten? Denn erst verlangt er das Neue, suchet das Nützliche dann mit unermüdetem Fleiße, endlich begehrt er das Gute, das ihn erhebet und wert macht« (Goethe, Herrn, und Doroth. I). Zum Fehler wird die Neugier, wenn sie entweder auf Eitles gerichtet ist, oder einem unsittlichen Motive, der Klatschsucht u. dgl., entspringt. Der Reiz der Neuheit ist unbestritten groß. Das unbedeutendste Geräusch kann unsere tiefste Spekulation und Andacht stören; alles Neue imponiert zuerst, wie die Geschichte der menschlichen Narrheit beweist.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 392.
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