Probabilismus

[459] Probabilismus (abgeleitet, lat. probabilis) heißt die Ansicht, daß man in wissenschaftlichen Dingen zur Sicherheit nicht gelangen, sondern sich mit einer größeren oder geringeren Wahrscheinlichkeit begnügen müsse. So lehrten die Skeptiker (s. d.), so der Platoniker Karneades (214-129), so Cicero (106-43). Neben diesem theoretischen gibt es auch einen praktischen Probabilismus, welcher nach Kant darin besteht, daß man die bloße Meinung, eine Handlung könne recht sein, für hinreichendes Motiv, sie zu unternehmen, ansieht. Vgl. Collision der Pflichten. In neuerer Zeit haben die Jesuiten (s. d.) den praktischen Probabilismus in der Weise vertreten,[459] daß sie es für erlaubt halten, da, wo über die Pflichtgemäßheit einer Handlung keine volle Sicherheit erlangt werden könne, nicht der Ansicht zu folgen, welche die meisten Gründe für sich habe, sondern auch einer andern, für die irgend welche Gründe sprächen.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 459-460.
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