Rheinisches Bundeslied

[17] Sommer 1806.


Mel. Der Wirth ist nicht zu Hause etc.


Das Faß ist nun gebunden;

Viel Schläge hat's empfunden,

Doch ging es immer recht im Takt

Bis es sich krumm gebogen hat.

Das Faß ist nun gebunden.


Die Dauben sind gehauen;

Wollt ihr die Stubben schauen

Von Eichen alt wie's deutsche Reich?

Sonst ist der Grund nun kahl und gleich.

Die Dauben sind gehauen.


In Eisen ist's gebunden;

Der Eichbaum ist verschwunden.

Das deutsche Reich stand schön und stolz,

Viel grüne Blätter trug das Holz.

In Eisen ist's gebunden.


Im Holz viel Vöglein sangen;

Seit Beil und Axt erklangen –

»Wo ist mein Kind, wo ist mein Haus?

Franzosen nahmen Alles aus.«

Die Vöglein flüsternd sangen.[17]


Der Böttcher, der's geschlagen,

Will nicht mehr viel nachfragen.

Er band es für die Langeweil.

Zu Brennholz braucht er's bald in Eil,

Der Böttcher, der's geschlagen.


Wir wollen mal dran schlagen,

Ob es recht voll im Magen!

Das große Faß, es klingt so hohl,

Als wenn es bald der Teufel hol, –

Wir wollen mal dran schlagen!


Für Fremde hängt zum Scheine

ein Anker drin mit Weine;

Das große Faß wird schon so spack,

Der schlechte Bund läßt balde nach;

Grün war das Holz vom Rheine.


Zu Frankfurt steht's im Stillen,

Der Rhein, der soll's noch füllen;

Drum heißt es auch der Rheinsche Bund.

Es kräht danach nicht Hahn noch Hund!

Zu Frankfurt steht's im Stillen.


Der Rhein trägt ächte Trauben,

Franzosen auch dran glauben;

Ganz höflich schneiden Deutsche ein,

Ganz gröblich trinken sie den Wein.

Der Rhein trägt ächte Trauben.


So geht's dem Bund am Rheine,

So geht es mit dem Weine.

Der fromme Deutsche ist das Faß,

Woraus der Franzmann trinkt zum Spaß, –

So geht's dem Faß am Rheine![18]


Der Primas sich drauf setzet,

Und seine Kehle netzet;

Wenn ihm der Franzmann giebt 'nen Tritt

So tröstet er sich gleich damit,

Daß er sich ruhig setzet.


Der Böttcher ist Protekter,

Er spricht zu ihm als Rekter:

Ei sag doch an, mein lieber Sohn,

Das Faß ist nicht gemacht zum Thron.

Ich schlag dich hinunter mit dem Zepter!


Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 22: Gedichte, Teil 1, Bern 1970, S. 17-19.
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