[341] Wie gewöhnlich liest die Jette
Wieder nachts in ihrem Bette.
Auf dem Kopf hat sie die Haube,
In der Hand die Gartenlaube.
Hieran will sie sich erfreun,
Duselt, nickt und schlummert ein.
An das Unschlittkerzenlicht
Daran freilich denkt sie nicht. –
[341] Erst brennt nur die Zeitungsecke,
Dann der Vorhang, dann die Decke.
Schließlich brennt das ganze Haus;
Unten läuft man schon heraus. –
[342]
Vater Fink, er läuft nicht schlecht,
Trägt den treuen Stiefelknecht.
Mutter Fink, besorgt vor allen,
Rettet ihre Mäusefallen.
[343]
Jette schwebt vom Fensterrand;
Sie ist etwas angebrannt.
Doch sie sinkt ins Regenfaß,
[344]
Wo es drinnen kühl und naß. –
Also sicher wären diese. –
Aber ach, wo ist Elise??!
[345]
Seht nach oben! Fipps der Brave
Hält das Kind, was fest im Schlafe.
Aus dem Fenster, hoch im Raume,
Schwingt er sich zum nächsten Baume.
[346]
Höchst besorgt, wie eine Amme,
Rutscht er abwärts an dem Stamme.
Sanft legt er Elisen nieder.
Sie hat ihre Eltern wieder;
Und die Flasche steht dabei,
Falls Elise durstig sei. –
[347]
|
Ausgewählte Ausgaben von
Fipps, der Affe
|
Buchempfehlung
1889 erscheint unter dem Pseudonym Bjarne F. Holmsen diese erste gemeinsame Arbeit der beiden Freunde Arno Holz und Johannes Schlaf, die 1888 gemeinsame Wohnung bezogen hatten. Der Titelerzählung sind die kürzeren Texte »Der erste Schultag«, der den Schrecken eines Schulanfängers vor seinem gewalttätigen Lehrer beschreibt, und »Ein Tod«, der die letze Nacht eines Duellanten schildert, vorangestellt. »Papa Hamlet«, die mit Abstand wirkungsmächtigste Erzählung, beschreibt das Schiksal eines tobsüchtigen Schmierenschauspielers, der sein Kind tötet während er volltrunken in Hamletzitaten seine Jämmerlichkeit beklagt. Die Erzählung gilt als bahnbrechendes Paradebeispiel naturalistischer Dichtung.
90 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro