|
[163] Er hat es zum Schutze gezücket
Der Herrscher sein Eisen, o feire, Gesang!
Er hat die gewaltige Stahlwand
Ans Ufer der Elbe gepflanzt.
Hoch stand er im Heldengeschmeide,
Die Tapfersten seiner Gebieter zur Hand,
Von strebenden Fahnen umrauschet,
Vom Schalle der Hörner ergötzt;
Hoch stand er, und harrte der Sonne
Der Zeugin der großen Entscheidung. Sie kam,
Und harrte des dräuenden Königs
Der blauen Geschwader. Er kam.
Still zog er, ein herrlicher Anblick!
In tiefen geschlossenen Reihen heran.
Die schauernde Gegend erglänzte
Von Waffen, wie feurige Flut.
[164]
Da schwang sich in fürstlicher Seele
Von Joseph der edelste Seufzer empor:
O König, am Ende der Tage
Wie würdig in Frieden zu ruhn!
Noch zog er. Da schwang sich ein zweiter:
Ach, Schwerter von Deutschen gezücket auf mich!
Noch zog er. Da brach es dem Herrscher
Vom Munde: Nicht weiter! Er stand.
Er sah die gefährlichen Höhen
Von Joseph's erwartenden Tausenden voll,
Die gähnenden ehernen Schlünde
Mit Tode gefüllet, und stand.
Und sing' ich den Gauen, wie lange
Vor Joseph unthätig das Brennenheer stand?
Und hörten die Gauen vom Heere
Nicht flüchtige Zeugen genug?
Und sing' ich, wie Friedrich versuchte
Durch Berge dem tapferen Bruder zu nah'n?
Und sagten die flüchtigen Zeugen
Nicht lange den Gauen: Umsonst!
[165]
Zwar stürzte – verschweig es, Gesang! nicht –
Von Sachsen geleitet, ein Bergstrom in Nacht,
Der tapfere Bruder des Helden
Die Fluren von Böhmen heran.
Doch wie sich dem Schooße des Wetters,
Das schweigend unwirthliche Berge bedeckt,
Zur schrecklichen Reise gekochet
Der Flügel des Keiles entreißt,
So riß sich ans Joseph's Versuchten
Ein grosser, gefürchteter Namen hervor.
Der Krieger hört: Laudon! und jauchzet:
Gelingen ha muß es mit ihm!
Gelungen! Der fürstliche Gegner
Versprach sich den Winter in Böhmen umsonst.
Er kehrte mit schwächerem Heere
Vom nahenden Schützer gedrängt.
So, Vater der Deinen o Joseph!
So schloß er dein erster liedwürdiger Zug.
So wachte, Gebieter! dein Schutzschwert,
So schonete Liebe dein Volk.
[166]
Du theiltest Gefahren und Arbeit,
Und jede Beschwerde der Waffen mit ihm,
Die Wasser vom Himmel, den Tagstral,
Die Fröste des Riesengebirg's.
Deß brannten sie deine Getreuen
Ins Eisengemenge zu stürzen für dich;
Doch hieltst du den brennenden Ruhmdurst
Mit weiser Verzögerung ein;
Erlaubtest nur kühnen Croaten,
Und muthigen Ungarn den kühlenden Quell.
Fast führte der Brennengebieter
Die Fehde mit ihnen allein.
So schloß er dein erster. So sieht dich
In neuer Verherrlichung jetzo dein Wien.
So drücket Therese des Sohnes
Und ihres Vertheidigers Hand,
Und fühlet die göttliche Wonne
Der glücklichsten Mutter, und sieht sich in dir.
Bald führet dich aber zum Heere
Zurücke dein hoher Beruf.
[167]
Und weilet der Krieger aus Norden
Die Rechte zum Frieden zu bieten, wie nennt,
Wie nennt sich im kommenden Lenze,
Gereizeter Schützer! dein Schwert?
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
|
Buchempfehlung
Im Kampf um die Macht in Rom ist jedes Mittel recht: Intrige, Betrug und Inzest. Schließlich läßt Nero seine Mutter Agrippina erschlagen und ihren zuckenden Körper mit Messern durchbohren. Neben Epicharis ist Agrippina das zweite Nero-Drama Daniel Casper von Lohensteins.
142 Seiten, 7.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro