|
[87] 1.
Sei fröhlich alles weit und breit,
Was vormals war verloren,
Weil heut der Herr der Herrlichkeit,
Den Gott selbst auserkoren
Zum Sündenbüßer, der sein Blut
Am Kreuz vergossen uns zu gut,
Vom Tod ist auferstanden.
2.
Wie schön hast du durch deine Macht,
Du wilder Feind des Lebens,[87]
Den Lebensfürsten umgebracht:
Dein Stachel ist vergebens
Durch ihn geschossen, schnöder Feind,
Du hättest wahrlich wohl gemeint,
Er würd im Staube bleiben.
3.
Nein, nein! Er trägt sein Haupt empor,
Ist mächtig durchgedrungen
Durch deine Bande, durch dein Tor,
Ja hat im Sieg verschlungen
Dich selbst, daß, wer an ihn nur gläubt,
Von dir jetzt ein Gespötte treibt
Und spricht: wo ist dein Stachel?
4.
Denn deine Macht, die ist dahin
Und keinen Schaden bringet
Dem, der sich stets mit Herz und Sinn
Zu diesem Fürsten schwinget,
Der fröhlich spricht: Ich leb, und ihr
Sollt mit mir leben für und für,
Weil ich es euch erworben.
5.
Der Tod hat keine Kraft nicht mehr,
Ihr dürfet ihn nicht scheuen,
Ich bin sein Siegsfürst und sein Herr,
Des sollt ihr euch erfreuen.
Dazu so bin ich euer Haupt,
Drum werdet ihr, wenn ihr mir glaubt,
Als Glieder mit mir leben.
6.
Der Höllen Sieg, der ist auch mein,
Ich habe sie zerstöret,
Es darf nicht fürchten ihre Pein,
Wer mich und mein Wort höret.
Und weil des Teufels Macht und List[88]
Gedämpft, sein Kopf zertreten ist,
Mag er ihm auch nicht schaden.
7.
Nun Gott sei Dank, der uns den Sieg
Durch Jesum hat gegeben
Und uns den Frieden für den Krieg
Und für den Tod das Leben
Erworben, der die Sünd und Tod,
Welt, Teufel, Höll und was in Not
Uns stürzet, überwunden.
|
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
|
Buchempfehlung
Nach dem Vorbild von Abraham von Franckenberg und Daniel Czepko schreibt Angelus Silesius seine berühmten Epigramme, die er unter dem Titel »Cherubinischer Wandersmann« zusammenfasst und 1657 veröffentlicht. Das Unsagbare, den mystischen Weg zu Gott, in Worte zu fassen, ist das Anliegen seiner antithetisch pointierten Alexandriner Dichtung. »Ich bin so groß als Gott, er ist als ich so klein. Er kann nicht über mich, ich unter ihm nicht sein.«
242 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro