Vereinigung mit Gott

[51] Ach, milder Gott, begnade mich,

Indem ich will erkennen dich,

Und deine Wege wallen.

Erneu' mein Herz und nimm mich mir;

Ich habe mich gelobet hier

Allein dir zu gefallen.

Dein Will' sei mein Will' für und für,

So daß ich mich in dir verlier'.


Das gute Werk, das ich vollbring',

Ist ein gefügter Kettenring,

Von Gottes Gnad' umschlossen.

Ich thue nun, so viel ich woll',[52]

So thu' ich doch nicht, was ich soll,

Die Schwachheit ist verdrossen.

Doch nimmt Gott auch den Willen an,

Wenn man nur leistet, was man kann.


Ich meide Sünd' und Missethat

Und thue Gut's, durch deine Gnad',

So viel mir Huld erschienen.

In deines Willens Heiligkeit

Bin ich zu jeder Zeit bereit,

Dem Nächsten stets zu dienen,

Und traure, daß ich nicht kann sein

In dieser Schwachheit engelrein.


Wie gerne wollt' ich hinter mir,

Was irdisch ist, vergessen hier

Und Gott allein anhangen!

Wie gerne wollt' ich Gottes Ehr',

Und was gemäß ist seiner Lehr',

Ohn' allen Ruhm erlangen,

Auf daß die höchste Heiligkeit

Erleuchte mich zu aller Zeit.[53]


Die höchste Stufe, die man kann

In diesem Leben treten an,

Ist, Gott vereinbar werden.

Dann weiß man nichts mehr, als von Gott,

Und achtet man für eiteln Spott

Die Nichtigkeit der Erden.

Das ist der Frommen höchster Ruhm,

Vollkommen sein im Christenthum.


Quelle:
Auserlesene Gedichte von Georg Philipp Harsdörffer, Johann Klaj, Sigmund von Birken, Andreas Scultetus, Justus Georg Schottel, Adam Olearius und Johann Scheffler, Leipzig 1826, S. 51-54.
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