Er lobt sich sein Purschen-Leben!

[3] Ode Trochaica.


Mich sah so Leipzig/ Wien/ wie Prag/

so Rostock/ Königsberg/ wie Jene;

doch wo ich auch zu drällern pflag/

es ging mir überall höchst bene.

Noch keinen schuf so frohen Sinns

Apoll/ der muntre Musen-Printz.


He/ Brüder/ bräucht euch eurer Zeit!

Sie saust dahin/ nichts läßt sich halten.

Die heut blohß Zokker-Rösgens schneyt/

bekränckt euch morgen schon mit Falten.

Zurletzt schlurfft uns ein schwartzes Loch –

fy Teix/ wer nie nach Dabbak roch![4]


Den Bahrt laßt uns zu Zwürbeln drehn!

Sprengt hoch zu Gaul! Jagt in Carreten!

Auff Silber-Schüsseln will ich sehn

Dukahten-Nudeln und Lampreten!

Rosingens wüntsch ich alß Geschlekk/

auch schafft mir ja Canari-Sec!


Auff den belihbten Pindus klimmt

man erst nach ohngemeinem Schwizzen/

und schlüßlich/ wenn dan alles stimmt/

bleibt man blohß höchstens auff ihm sizzen.

For Sowaß geben wir nach Elff

noch nicht mahl einen Zwiebel-Schelff!


Wo Bachus lustig präsidirt/

zeigt sich auch bald sein Bruder Jocus.

Bauckt auff die Dische/ randalirt/

kreischt drey-mahl vivat Hokusbokus!

Der eine spihlt das Dideldom/

Der andre auff dem Plomplomplom!


Vergnügter war nicht Epicur/

verschmizzter nicht Anaximander/

wir folgen Beyder ihre Spur

und würbeln alles durch-einander!

Nur Einer hat für uns das Prä/

der alte Doctor Rabelais![5]


Da/ horcht! Schon dröhnt die Mitternacht!

Itzt heisst es: Pursche/ Runda sauffen!

Eh nicht Aurora Rohsen lacht/

darff keiner in die Fehdern krauffen!

Der fättsten Färckelgens Geqwiek

klingt gegen unsres wie Musik!


O allerschönste Galathee/

wie seelig muß sichs dein geniessen!

Laß deinen weissen Armen-Schnee

ümb meinen Haltz herümber fliessen!

Kom/ sizz dich hihr auff meinen Schoos/

ich mach dir beyde Brüstgens blohß!


Harr! Kükkt/ die ihr noch nüchtern seyd!

Wog wer schon ähnlichte? Botz Zäpffel!

Störtzt alle nihder/ juhcht und schreyt:

Das sind Hesperiens Wunder-Aepffel!

Sie rollen hin/ sie rollen her/

so herrlich rollt kein Pärlen-Meer!


Laufft! Raufft! Schlagt alles korz und klein!

Brecht zu den Mäntschern in die Betten!

Dantzt ümb kein Kalb! Dantzt ümb ein Schwein!

Bewindet es mit Rohsen-Ketten!

Zum Leid-dhun bleibt noch ümmer Zeit/

wann ihr erst alt und gräulich seyd![6]


So klingts bald hoch/ so klingts bald tieff

von meiner wohl-bespihlten Laute;

schon mancher ärgerte sich schieff/

sorbald ich blohß die Säyten kraute.

In solchen Scheddeln meiner Treu

rumohrt fast nichts wie Hekker-Spreu!


Obs würcklich einen Himmel giebt/

wie wir auß alten Schrifften lesen?

Mir scheint das zihmlich abgediebt;

es ist noch keiner dagewesen!

Mein Hieber saust/ das Pflaster sprüht/

ich bün nicht gern ümbsonst bemüht!


Der Helle drau ich fast schon mehr.

Ich wüntschte sie so manchem Lemmel.

Und brillte er auch noch so sehr/

ich schmiss ihm keinen Gnaden-Semmel.

Doch gläub ich trutzdem franck und frey/

auch sie ist eitel Fantasey!


Jedennoch weiß wer nichts genau.

Vihlleicht so brasseln ihre Flammen.

Dan schlägt ihr nichts alß Feuer-Bau

mahl ekklich über mir zusammen.

Doch schlukkt sie mich sälbst würcklich eyn –

es wird schon wo ein Schlipploch seyn!


Quelle:
Arno Holz: Dafnis. München 1904, S. 3-7.
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