Bey Uebersendung einiger Blumenstöcke im März

[255] Eine Göttin sollt ihr zieren.

Eilt, ihr Blumen, sagt Themiren,

Daß ich zärtlich euch geliebt,

Daß ich mühsam euch erzogen;

Und dann seht, ob sie gewogen

Einen holden Blick euch giebt.


Myrthen schmücken die Altäre

Der allwaltenden Cythere;

Aber glücklicher seyd ihr!

Wenn Themire selbst euch pfleget,

Euch an ihrem Busen heget,

Dann, ihr Blumen, danket mir.


Seht nur: junge Liebesgötter

Färben eure zarten Blätter,

Eh' der Lenz euch angeblickt.

Euer Schmuck wird einst verderben,

Aber schön ist es, zu sterben,

Von Themirens Hand gepflückt.
[256]

Wenn die Göttin euch bedauert,

Um die kleine Leiche trauert,

Euch umsonst ins Leben ruft:

O wer wird euch nicht beneiden,

O wer stürbe nicht mit Freuden,

Klagte sie bey seiner Gruft!

Quelle:
Johann Georg Jacobi: Sämmtliche Werke. Band 1, Zürich 1819, S. 255-257.
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