Folgen 9. oder 10. Gesäng/ von fürnehmen Tugenden
Vnd erstlich/ Vom Glauben vnd guten Wercken

[127] [1.]

Schäm dich: schäm dich du fauler Christ/

Der du so faul im guten bist/

Merck hie der Ketzer List.

Die dir das Gifft geblasen ein/

Man könn ohn Werck wol selig sein.
[128]

2.

Fürwar allein den Weitzen thewr/

Gott samblen wird in seine Schewr/

Die Sprewer zu dem Fewr.

Der Feigenbaum wird auch verflucht/

Da Christus Frucht vmbsonst an sucht.


3.

Der Gast auch ohn hochzeitlich Kleydt/

Wird von der Hochzeit abgescheydt/

Es sey lieb oder leyd.

Ohn Kleyd muß er zur Höllen zu/

Schaw was der Glaub ohn Liebe thu.

4.

Die Närrische Jungfrawen seh/

Wie es ohn Oel denselben geh/

Wie Glaub ohn Lieb besteh.

Der Knecht dem Herren auch mißfiel/

Der ohne Gewinn sein Pfund behiel.


5.

Mit deinem Glauben Berg versetz/

Red wol/ vnd wie ein Engel schwetz:

Diß all ohn Lieb nicht schetz.

Ohn Lieb all Prophecey vnd Kunst/

Allmusen/ Marter/ all vmbsunst.


6.

Der werckloß Glaub am Jüngsten tag/

Wird fahren in die Höllisch Plag/

Mit Blitz vnd Donnerschlag:

Der werckreich Glaub zu seinem Lohn

Empfangen wird die Himlisch Kron.


[129] A. Matt. 3. B. Marc. 11. C. Matt. 22. per vestem nupt. S. Gregor. homil. 38. char. & bona opera intelligit. D. Matt. 25. S. Hieron, per oleum, opera virtutum. E. Luc. 19. F. 1. ad Cor. 13. G. Matt. 25. Fides sine charitate esse potest, non prodesse, ait August. l. 15. de Trinit. c 18. Etsi credideris, non autem recte vixeris, nulla tibi ad salutem vtilitas. ait S. Chrys. hom. 30. in Ioan.

Quelle:
Friedrich Spee: Die anonymen geistlichen Lieder vor 1623, Berlin 1979, S. 127-130.
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