Von der Gedult

[137] [1.]

O Gold im Fewr!

Gedult wie thewr!

Wer kan dein Werth außsprechen?

O Edler Stein!

Gedult wie fein!

Demant der nicht zu brechen.[138]

Gedult Demant/

Sehr wol genant/

Von allen wird gepriesen/

Jm Werck nicht viel erwiesen/

Jm Werck nicht viel erwiesen.


2.

Ein frommer Christ/

Der gülden ist/

Muß Fewr vnd Prob nicht meyden.

All Creutz vnd Noth/

Biß in den Todt/

Gedultig muß er leyden.

Jm schlagen bricht/

Kein Demant nicht/

Gleich wie Demant all schlagen/

So leyd Gedult all Plagen/

So leyd Gedult all Plagen.


3.

Wer schawen kan/

Schaw Christum an/

Ein Spiegel dieser Tugendt:

Sein Leyden zwar

Ein Spiegel klar/

Vor Alt vnd vor die Jugendt.

Der Mensch vnd Gott/

Mit Schimpff vnd Spott/

Durch Nägel/ Dörn vnd Ruthen

Sich todt am Creutz must bluten/

Sich todt am Creutz must bluten.


4.

Hie such vnd seh/

Kein Ach/ kein Weh/

Jm Spiegel ist zu mercken:

Jn Pein vnd Schmach/

Gedult ohn Rach/

Schaw hie in Wort vnd Wercken.[139]

Er zörnt gar nit/

Für alle bitt:

Jn solchem grossen Schmertzen/

Liebt er die Feind von Hertzen/

Liebt er die Feind von Hertzen.


5.

Wer also thut/

Sey wol gemuth/

Das Leyden wird verschwinden.

Darzu die Kron/

Vnd grossen Lohn/

Jm Himmel wird er finden.

Er hoffen solt

Jm Fewr das Gold/

Wie auch Demant in streichen/

Werd jhm zur Kron gereichen/

Werd jhm zur Kron gereichen.

Quelle:
Friedrich Spee: Die anonymen geistlichen Lieder vor 1623, Berlin 1979, S. 137-140.
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