Anwuchs des Schiffsbodens

[245] Anwuchs des Schiffsbodens. Hölzerne und eiserne Schiffe, die keinen metallenen Bodenbeschlag besitzen, bewachsen im Seewasser in verhältnismäßig kurzer Zeit. Der Anwuchs besteht teils aus Pflanzen (Algen), teils aus tierischen[245] Substanzen (Muscheln, Krustentiere), der namentlich in tropischen Gewässern eine solche Ausdehnung annimmt, daß durch die vermehrte Oberflächenreibung die Schiffsgeschwindigkeit um mehrere. Seemeilen pro Stunde sich vermindern kann.

Um diesen Uebelstand zu beseitigen, der für die Schiffe der Handels- und Kriegsmarine auch mit Bezug auf die Steigerung des Kohlenverbrauchs von einschneidender Bedeutung ist, wendet man besondere Bodenanstriche an (s. Anstrich der Schiffe) oder man versieht den Schiffskörper mit einem metallenen Bodenbeschlag. Am wirksamsten erweist sich der Kupferbeschlag. Kupfer besitzt im Seewasser die Eigenschaft, daß es auf der Oberfläche gleichmäßig oxydiert; die sich bildenden Kupferverbindungen besitzen eine so lockere Konsistenz, daß sie bei in Fahrt befindlichen Schiffen durch den Wasserstrom abgelöst bezw. ausgewaschen werden, wobei die sich bildenden anwachsenden Lebewesen mit fortgerissen werden. Bei ruhendem Schiff, wo dieser Prozeß langsamer vor sich geht, kann ein Kupferboden mit der Zeit bewachsen. Letzteres findet auch dann statt, wenn Kupfer und Eisen in galvanische Aktion treten können, wobei der auf dem Kupfer sich niederschlagende Wasserstoff dasselbe vor weiterer Zersetzung schützt und ihm die Eigenschaft, den Anwuchs zu verhindern, nimmt. Bei eisernen, mit metallenem Bodenbeschlag versehenen Schiffen muß daher darauf Bedacht genommen werden, den eisernen Schiffskörper von dem Bodenbeschlag auf das sorgfältigste zu isolieren. (Näheres s. Schiffbau.) Bei hölzernen Schiffen mit metallenem Bodenbeschlag müssen aus demselben Grunde eiserne Bolzen vermieden werden und kommen dann nur Bolzen von Kupfer oder Yellowmetall zur Verwendung. Man sagt dann, das Schiff ist kupferfest. Der Bodenbeschlag hat hier noch den besonderen Vorzug, daß er den Bohrwurm, der vom Wasser in die Außenhautplanken eindringt, abhält. Zum metallenen Bodenbeschlag verwendet man gewalzte Kupferplatten von 1/2–1,5 mm Dicke, 1,2 m Länge und 0,5 m Breite. Das Muntzmetall (s. Messing) findet der geringeren Kosten wegen in der Handelsmarine viel Verwendung; dasselbe ist dem Eisen gegenüber weniger aktiv, wird jedoch schneller zerstört. Zur Unterlage des Bodenbeschlages dient geteertes Papier bezw. Filz (s.a. Schiffbau). – Der Zinkbeschlag ist nur in der Kriegsmarine versucht worden, und zwar ohne Erfolg, da das Zink sich nicht gleichmäßig abnutzt und daher eine rauhe Oberfläche bildet. Das Zink bezieht sich nur in geringem Maße mit einer Oxydschicht; erst wenn es mit Eisen in galvanische Aktion treten kann, erhält es durch die Oxydation den gewünschten lockeren Ueberzug, während der Wasserstoff sich am Eisen niederschlägt und dieses vor Oxydation schützt. Der Zinkbeschlag darf daher von dem Eisen nicht isoliert werden.


Literatur: White, Manual of Naval Architecture, London 1894; van Hüllen, Leitfaden für den Unterricht im Schiffbau, Kiel 1888; Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, Jahrgang 1889, S. 657; Welch, Text Book of Naval Architecture, London 1889; A. Croneau, Construction pratique des navires de guerre, Paris 1894.

T. Schwarz.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 245-246.
Lizenz:
Faksimiles:
245 | 246
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika