Dilatation [1]

[769] Dilatation = Ausdehnung (s.d. und Dehnung), in der allgemeinen Elastizitätslehre mitunter speziell die Volumänderung pro Einheit des anfänglichen Volumens.

Bezeichnen für beliebige stetige Verschiebungen in einem Körper (Näheres [3], S. 55, 58) e1, e2, e3 die drei Hauptdehnungen bei einem Körperpunkte m (s. Dehnung in der allgemeinen Elastizitätslehre), so ist die räumliche Dilatation daselbst ([3], S. 73):

x = (1 + e1) (1 + e2) (1 + e3) – 1,

1.


oder, wenn e1, e2, e3 gegen 1. verschwinden ([3], S. 83):

x = e1 + e2 + e3 = ex + ey + ez,

2.


worin ex, ey, ez die Dehnungen für drei beliebige, zueinander senkrechte Richtungen x, y, z bei m bedeuten. Sind ξ, η, ζ die Wege des Punktes m in diesen Richtungen, so kann man für die gewöhnlich allein untersuchten Verschiebungen auch setzen ([3], S. 85):


Dilatation [1]

und speziell für ein Zeitelement dt, wenn u, v, w die Geschwindigkeiten von m in den Richtungen x, y, z während desselben bezeichnen ([3], S. 75):


Dilatation [1]

ρ ist also die Dilatation in der Zeiteinheit, die Dilatationsgeschwindigkeit bei m zur Zeit t. Man unterscheidet Verschiebungen mit und ohne Dilatation. Zu den ersteren gehören die Formänderungen eines axial gezogenen isotropen Stabes und die Schallschwingungen in der Luft ([3], S. 212, 253, 262), zu den letzteren die Torsion eines isotropen prismatischen Stabes und[769] die Lichtschwingungen ([4], S. 53, 201, [3], S. 264, 244). Die Aenderung des Volumens V = Fl eines isotropen geraden Stabes vom Querschnitt F und der Länge l durch eine Axialkraft S und eine Temperaturänderung π (S für Zug, π für Zunahme positiv) ist ([3], S. 212):


Dilatation [1]

worin α der lineare Ausdehnungskoeffizient (s.d.), E der Elastizitätsmodul (s.d.), ε der Elastizitätsquotient (s.d.). Letzterer wäre theoretisch ε = 4 ([3], S. 149), wird auch häufig so gesetzt und liegt für die wichtigsten Konstruktionsmaterialien meist zwischen 3 und 4.


Literatur: [1] Kirchhoff, Vorlesungen über mathematische Physik, Mechanik, Leipzig 1877, S. 107. – [2] Grashof, Theorie der Elastizität und Fertigkeit, Berlin 1878, S. 21. – [3] Weyrauch, Theorie elastischer Körper, Leipzig 1884, S. 71, 75, 83. – [4] Ders., Aufgaben zur Theorie elastischer Körper, Leipzig 1885, S. 50 ff. – [5] Neumann, Vorlesungen über die Theorie der Elastizität, Leipzig 1885, S. 48. – [6] Helmholtz, Vorlesungen über theoretische Physik, II. Dynamik kontinuirlich verbreiteter Masten, Leipzig 1902, S. 37.

Weyrauch.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 769-770.
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