Erker [1]

[501] Erker oder Chörlein, ein vor die Fassade vortretender, ringsum geschlossener Ausbau.

Derartige Erker wurden namentlich im Mittelalter gern angewendet und gaben den alten Straßen ein ungemein malerisches Aussehen (Fig. 1 und 2); sie wurden aber auch später gebraucht und zieren in neuester Zeit viele Fassaden der Städte. Sie gewähren dem Bewohner den Vorteil, Aussicht und Sonne genießen zu können, ohne durch Luftzug belästigt zu werden. Ihre Anwendung ist in den Städten gewissen Beschränkungen unterworfen. Auch bei Brückenbauten können sie zur Verwendung kommen (s. Fig. 3). Die Form der Erker kann in der mannigfaltigsten Weise ausgebildet werden. Es gibt Erker, die in Mitte der Hausfront angebracht erscheinen, oder sie werden an die Ecke gesetzt, wobei ihre Grundform rechteckig, kreisförmig oder polygon sein kann: auch kann ein derartiger Ausbau bloß in einem Geschoß oder in mehreren Stockwerken übereinander[501] angebracht erscheinen und nach oben zu entweder in einem offenen Balkon (s.d.) oder in einem Türmchen endigen. Nach unten zu werden Erker entweder durch Säulen, vorkragende Steine oder vortretende Konsolen unterstützt. Die erstere Art der Unterstützung erlaubt ein sehr weites Hervortreten vor die Mauerflucht, weil eine direkte Aufnahme der Last in der Schwerlinie stattfindet. Ein Beispiel von Vorkragung über die gerade Flucht zeigt Fig. 1. Hier konnte mit dem Anfangspunkt tief herabgegangen werden, was nicht immer der Fall ist. Bei Eckbildungen sollte es vermieden werden, die Ausladung bis zu Dreiviertel vorzuschieben (Fig. 4), wodurch die konstruktive Sicherstellung der vorkragenden Teile sehr schwierig wird. Besser ist es, die Mittelachse des Erkers hinter die Ecke zurückzulegen, wie dies Fig. 5 und 6 zeigen.


Literatur: Handb. d. Arch., 2. Aufl., 3. Teil, Bd. 2, 2. Heft, S. 91 ff.

Weinbrenner.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 501-502.
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501 | 502
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