Kamin

[310] Kamin, eine Heizvorrichtung, bei der in einer seitlich und nach oben begrenzten Wandnische ein offenes Feuer brennt, das seine strahlende Wärme an die Zimmerluft abgibt, während die sich bildenden Gase durch einen Schornstein zum Abziehen gebracht werden; vgl. Heizung geschlossener Räume.

Die Kamine bilden eine sehr alte Heizeinrichtung. In Deutschland und England erhielten sie bereits in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts eine mehr oder weniger künstlerische Ausstattung. Die ältesten Kamine besitzen einen pyramidenförmigen Mantel, der auf Konsolen steht, und eine große, mannshohe Oeffnung (altdeutsche oder lombardische Kamine). Die englische Form ist an der Seite geschlossen, mit einem Bogen überspannt und meist durch vorgestellte Säulchen dekoriert, eine Abart, die sich vielfach auch noch in Deutschland vorfindet (s. die Figur). Die französischen Kamine liegen ganz in der Mauer, sind ebenfalls nach den Seiten hin geschlossen und die Oeffnung ist bei denselben viel breiter als höher gehalten. Aehnlich sind die holländischen Anlagen, nur daß die Kamine ganz in der Mauer liegen. Auch heute werden noch vielfach diese Kamine in Ländern mit warmem oder gemäßigtem Klima verwendet, so insbesondere in Italien, England und Frankreich. Ein großer Vorzug ist die dekorative Wirkung, der behagliche und gemütliche Anblick des offenen Feuers und die kräftige Ventilation, die durch das Kaminfeuer erzeugt wird. Doch geht durch diese Heizmethode[310] sehr viel Wärme verloren, so daß häufig nur ca. 14% der aus dem Brennmaterial erzeugten Wärme dem Räume zugeführt werden. In neuerer Zeit hat man die Konstruktion so weit verbessert, daß ca. 30% der Wärme gewonnen werden können; dann aber nähert sich das Aeußere eines solchen Kamines bereits einem Zimmerofen. Außerdem kommen heute vielfach Kombinationen des Kamines mit dem Ofen vor, in welchem Falle zumeist zwei Feuerungen angebracht sind. Die Kaminfeuerung ist vorne angeordnet, so daß die Bewohner des Raumes den Anblick des offenen Feuers genießen können, dagegen die Ofenfeuerung seitlich. Der Oberteil des Ofens ist mit Zirkulation versehen. Auf diese Weise kann bei geringer Kälte bloß im Kamin, bei größerer Kälte auch im Ofen geheizt werden.

Weinbrenner.

Kamin aus dem Leipziger Rathause (1556).
Kamin aus dem Leipziger Rathause (1556).
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Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 310-311.
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