Altertümerkonservierung [3]

[31] Altertümerkonservierung. Die in Bd. 1, S. 156, und im Ergbd. I, S. 12, mitgeteilten Verfahren wurden ergänzt durch folgendes:

Salzhaltige Kalksteinstücke, welche das Auslaugen in Wasser nicht vertragen, legt man in wenig Wasser enthaltenden Alkohol, im allgemeinen in 80 prozentigen; zu 100 Raumteilen des 95 prozentigen fügt man 18 Teile Wasser. Etwas leichter löst Methylalkohol. Rosenberg tränkt wasserempfindliche Gegenstände erst mit 10 prozentiger Kollodiumlösung und langt nachher die Salze aus. Salzhaltigen Gipsguß und Stuck soll man mit Barytwasser tränken und später in Gipswasser auslaugen [1]. Zum Tränken von Kalkstein wird auch sehr verdünnte Leimlösung (nach Vorquellen, auf dem Wasserbade hergestellt), gewöhnlich 2 prozentig, benutzt und auf 100 g festen Leimes 4 g Formaldehyd = 10 g käuflichen Formalins entsprechend zugesetzt, um den Leim wasserunlöslich zumachen. Porige salzhaltige Kalksteine behandelt Rhousopoulos erst mit Barytlösung (6 fache Verdünnung der Normallösung) und dann mit Schwefelsäure in gleichwertiger Verdünnung (Sechstel normal). Zur Herstellung von aufzubewahrenden Dammarharztränklösungen empfiehlt F. Rathgen statt des neuzeitlich verwendeten Tetrachlorkohlenstoffs, der unter Einwirkung der Harzsäuren nach einigen Tagen Salzsäure bildet, Xylol. Am leichtesten eindringend sind nach Rathgen Cyclohexanone, besonders Methylcyclohexanon, aber jetzt kaum erhältlich und zu teuer. Schellack soll man vor dem Lösen in Alkohol über konzentrierter Schwefelsäure trocknen. Statt Zaponlack dient auch Cellonlack (Acetylcelluloselösung) [1]. Paraffintränkung wird auf der Oberfläche genau ausgeglichen oder durch Draufschmelzen ergänzt mit Rathgens Flammenpinsel, d.i. kleinstes Gasflämmchen, aus einer frei bewegbaren Glasröhrenspitze brennend. Uebrigens ist Paraffin- und Ceresintränkung auch bei völlig nassen Gegenständen brauchbar [1].[31]

Als Kitt für Stein- und Tonsachen wird empfohlen: Beticol extra T der Akt.-Ges. für chem. Produkte vorm. H. Scheidemandel, Berlin; flüssig in Tuben. Rathgen entfernt trübe Glasurschichten – nach Abwaschen von Staub und Schmutz mit lauwarmem Wasser –, indem er den noch nassen Gegenstand, unter Benutzung eines Haarpinsels, mit 10 prozentiger Flußsäure überstreicht. Gleich darauf wird wieder mit reinem Wasser abgespült; dann läßt man trocknen. Sonst wird, lediglich mechanisch, mit besonders seinem Bimssteinpulver vorsichtig abgeschliffen. Zur Herstellung des Gipsabgusses einer Tontafel gießt Rathgen auf dem Modell eine Paraffinform. Er ermöglicht deren Ablösung durch mehrsekundliches Bestrahlen mit gelinder Ofenhitze. Zur Ergänzung dünnwandiger steinzeitlicher Gefäße fertigt A. Schlitz [2] ein um Scherbenstärke kleineres Plastilinmodell, setzt die Scherben darauf, ergänzt mit Gips und dreht diesen mit der Schablone ab, um die Ornamente auf ihn zu übertragen. Das Plastilin kann man von der Gefäßöffnung aus entfernen. M. v. Schwarz [3] bildet die Gefäße auf Grund von unvollständigen Scherbenfunden mit Hilfe danach gefertigter Töpferschablonen in ganzer Gestalt nach. Er benutzt dazu eine mit einem Handgetriebe zu drehende Töpferscheibe. Auf die Scheibe trägt man eine 3–5 cm dicke Lehmschicht auf, welche die noch zu erwähnenden Schnurenden aufnehmen soll. Darüber wird der Lehmklotz in handdicken Lagen aufmodelliert, indem jede Lage mit langer Schnur umwickelt wird, deren Enden man einbettet. Nach Erreichung völliger Dicke des Lehmklotzes wird dieser mit der Zinkblechschablone (für Innenfläche) abgedreht, darauf mit Gipsbrei übergossen und dieser mit weiterer Schablone (für Außenfläche) ebenfalls abgedreht. Mittels der Schnüre zerteilt und entfernt man den Ton. Für die Einpassung der Scherben sägt man den Gipsguß mit der Laubsäge aus.

Die luftdichten, gegen Staub, Feuchtigkeit und Gase schützenden Glasschränke F. Rathgens bestehen aus Glasgehäuse (Glassturz) und eisernem Unterteil. Die Glasplattenränder des Gehäuses sind in Winkeleisenfassung zusammengekittet und am unteren Rand mit einer senkrecht abwärts verlängerten Eisenfassung versehen. Die letztgenannte taucht in die mit Mineralöl gefüllte ringsumlaufende Rinne des eisernen Unterteiles. Große Glasgehäuse dieser Art sind mit hohem Unterbau versehen, in welchem vier an den unteren Ecken des Glassturzes angeschraubte Zahnstangen versenkt in Führungen hängen, um zum Heben des Glassturzes mittels vier Stirnräder hinaufgewunden zu werden, indem das Antreiben der beiden langen Stirnradwellen mit Hilfe eines Schneckengetriebes und vorgesteckter Handkurbel geschieht. Das Schneckenrad sichert selbsttätig gegen Hinabrollen beim Loslassen der Kurbel. Herstellerin ist die Dresdner Museumsschrankfabrik A. Kühnscherf & Söhne, Dresden-A., Große Plauensche Straße 20 [1].


Literatur: [1] Rathgen, Friedr., Die Konservierung von Altertumsfunden, I. Teil, Stein und steinartige Stoffe, 2. Aufl., Berlin 1915 (Handbücher d. Kgl. Museen zu Berlin). – [2] Schlitz, A., Prähistorische Zeitschrift, Jahrg. 1911, S. 248. – [3] v. Schwarz, M., Korrespondenzbl. d. Deutschen Ges. f. Anthrop., Ethnolog. u. Urgeschichte, Jahrg. 1913, S. 25.

Moye.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 31-32.
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