Dandŏlo [1]

[475] Dandŏlo, eine der zwölf vornehmsten venezianischen Familien, von deren Angehörigen besonders bemerkenswert sind:

1) Enrico, Gründer der Herrschaft Venedigs über das Mittelmeer, geb. um 1108, gest. 1. Juni 1205, ward, als er 1172 als Gesandter nach Konstantinopel ging. auf Befehl Kaiser Manuels schmählich mißhandelt, so daß er beinahe erblindete. Er ward 1193 Doge. Unter seiner Regierung wurde ein Teil der dalmatischen Küste unterworfen, über Padua und andre Städte des venezianischen Festlandes die Schutzherrlichkeit erworben, das mächtige Pisa aber bei Modone 1195 geschlagen. Mit Hilfe der Kreuzfahrer eroberte er 1202 Triest, Zara, die Ionischen Inseln und 18. Juli 1203 Konstantinopel, sodann dieselbe Stadt nach der Ermordung des Kaisers Alexios IV. nochmals 12. April 1204. Bei der Errichtung des lateinischen Kaisertums erwarb er für Venedig drei Achtel des byzantinischen Gebietes: die Südwestspitze des Peloponnes, die wichtigsten Küstenplätze vom Schwarzen Meer bis Epirus, Korfu, Kreta und andre Inseln des Archipels und des Ionischen Meeres sowie ein Quartier der Stadt Konstantinopel, und verfügte Handelsfreiheit durch das ganze Reich. Als 1205 die Griechen im Bunde mit den Bulgaren sich gegen die Lateiner erhoben, eilte D. herbei, vermochte aber die Niederlage der Kreuzfahrer in der Schlacht vom 15. April bei Adrianopel nicht zu verhindern.

2) Francesco, Doge, 1329–39, bezwang das mächtige Haus della Scala (1334–38), wodurch Venedig, Treviso und Bassano freie Schiffahrt auf dem Po erlangten.

3) Andrea, Doge 1343–54, schloß einen Bund mit dem Papste, dem König von Cypern und dem Johanniterorden gegen die Türken, stellte 1347 durch Verträge mit den Tataren die Handelsverbindungen Venedigs am Schwarzen Meer wieder her und unterwarf 1346 das abgefallene Zara und 1348 Capo d'Istria. D. schrieb eine wertvolle, von MuratoriScriptores rerum Italic.«, Bd. 12) herausgegebene Geschichte Venedigs. Vgl. Simonsfeld, Andrea D. und seine Geschichtswerke (Münch. 1876).

4) Girolamo, Sohn des Silvestro D., des letzten Admirals der Republik Venedig (geb. 1766, gest. 1847 als österreichischer Vizeadmiral), geb. 26. Juli 1796, nahm 1848 an der Erhebung Venedigs teil, ward Direktor des großen Staatsarchivs dei Frari und starb 26. März 1866 als letzter seines Stammes. Er schrieb: »La caduta della repubblica di Venezia ed i suoi ultimi cinquant' anni« (Vened. 1855).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 475.
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