Dor

[128] Dor (Bongo), Negervolk in Äquatorialafrika zwischen den Zuflüssen des Dembo in NW. und des Dschur im SO. (6–8° nördl. Br.), bewohnt ein Gebiet von 300,000 qkm zwischen den Dinka im N., den Mittu im O., den Niam-Niam im S. Sie sind von erdig-rotbrauner Hautfarbe, mittlerer Größe, gedrungenem Bau und geringer Schädellänge, haben wolliges, kurzes Haar, schwachen Bartwuchs und wulstige Lippen. Bei den Weibern ist Steatopygie häufig. Die untern Schneidezähne werden ausgebrochen, Beschneidung kennt man nicht; als Bekleidung dient den Männern ein Schurz, den Frauen ein Zweig oder Grasbüschel und zum Schmuck ein einem Roßschweif gleichendes Büschel aus Pflanzenfasern. Als Stammesabzeichen tragen sie in der Unterlippe, im Ohr oder in den Nasenwänden Holzpflöcke, Kupferringe; der Oberarm wird tätowiert. Hauptbeschäftigung ist Ackerbau, Haustiere sind Ziegen, Hunde und Hühner. Nebenbei werden Jagd und Fischfang betrieben. Ein religiöser Kultus ist nicht vorhanden, für Gottheit fehlt ihrer Sprache ein selbständiger Begriff. Böse Waldgeister spielen eine große Rolle und Hexenprozesse sind an der Tagesordnung. Der Leichnam wird in hockender Stellung, in eine Haut eingenäht, in einer unterirdischen Nische beigesetzt, die Männer mit dem Gesicht nach N., die Frauen nach S. gewendet. Die D. sind ausgezeichnete Schmiede, ihre Lanzen, Pfeile und Bogen sind sehr gut, auch fertigen sie Holzschnitzereien und Tongeräte. Die Zahl der D. ist trotz der Ausdehnung und Fruchtbarkeit des Landes sehr gering (Schweinfurth schätzte sie 1871 auf 100,000) und nimmt reißend ab, da Sklavenhändler aus Chartum das Land entvölkern.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 128.
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