Chartum

[894] Chartum (Khartum), Hauptstadt des ägypt. Sudân, am linken Ufer des Blauen Nils, nahe an dessen Zusammenfluß mit dem Weißen Nil, unter 15°37' nördl. Br. und 32°40' östl. L., 335 m ü. M., mit einer nachmittags durchschnittlich 39°, oft 45° übersteigenden Temperatur, inmitten kahler Ebenen, war vor der Einnahme durch die Mahdisten (1884) Mittelpunkt des gesamten Handels von Nordostafrika. Die von Erdwällen umgebene Stadt bestand meist aus Lehmhäusern und hatte enge, krumme und schmutzige Gassen; aus Ziegeln erbaut waren nur das stattliche Haus des Gouverneurs am Nil, mit großen und schönen Gärten, die wichtigern Amtsgebäude, Konsulate, Missionen und Kirchen. Die schmale Straße längs des Nils war durch eingerammte Pfähle[894] gegen Auswaschung gesichert;'den Fluß entlang zogen uch Villen, Gärten und Kulturen bis zum Ras-el-Chartum, wo beide Ströme sich vereinigen. Die auf 50,000 Seelen geschätzte, sehr gemischte Bevölkerung bestand zur Hälfte aus Europäern, Türken, Arabern, Kopten und ägyptischen Handwerkern, zur andern Hälfte aus Angehörigen der verschiedensten Stämme Innerafrikas, die z. T. hierher als Sklaven gebracht wurden. Die Stadt, die während der Mahdistenherrschaft in Trümmern gelegen hatte und durch das neu angelegte Omdurman ersetzt ward, ist nach der Rückeroberung durch die englisch-ägyptischen Truppen (1898) wieder zur Hauptstadt gemacht worden. Für den Sirdar wurde ein Palast errichtet, ganze Reihen von Regierungsgebäuden befinden sich im Bau. – C. hat sich um 1820 aus dem Lager entwickelt, das Mehemed Alis Generale auf der Landzunge zwischen den beiden Flüssen aufschlugen, und um das sich die Eingebornen des Handels wegen bald ansiedelten. Nach dem Sturz des alten Handelszentrums Schendi vereinigte sich in C. der gesamte Handel des Ostsudân mit Elfenbein, Gummi, Tamarinden, Straußfedern und Sklaven nach dem Roten Meer und Kairo. Der Blaue Nil war erfüllt von größern und kleinern Barken; selbst Dampfboote ankerten hier. Unter Ismail Pascha wurde C. Hauptstadt des ägyptischen Sudân und Sitz des Generalgouverneurs, fiel aber 26. Jan. 1885 in die Hände der Mahdisten, nachdem Gordon (s.d.), der dabei sein Ende fand, es seit 12. März 1884 tapfer verteidigt hatte.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 894-895.
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