Doris [2]

[133] Doris, kleine Gebirgslandschaft im alten Hellas (s. Karte »Altgriechenland«), etwa 220 qkm groß, zwischen Ota und Parnassos gelegen, wird von dem Oberlauf des böotischen Kephisos (Mavroneron) durchflossen. Dies Bergland erkämpften sich der Sage nach die aus ihren frühern Sitzen in Thessalien verdrängten Dorier, indem sie die dort wohnenden Dryoper überwältigten und daselbst vier kleine Städte: Böon, Kytinion, Erineos und Pindos, die sogen. dorische Tetrapolis, gründeten. Das Ländchen, dessen Bewohner den Spottnamen »Hungerdorier« führten, wurde doch als Ursitz und Metropolis des gesamten dorischen Stammes angesehen und geachtet und darum mehrmals von den verwandten Spartanern gegen feindliche Nachbarn geschützt. Im Persischen Kriege schlossen sich die Bewohner an die Perser an und wurden deshalb geschont. Unglücklicher war ihr Los in den phokischen und makedonischen Kriegen, in denen ihre Städte wiederholt zerstört wurden. D. hießen auch im weitern Sinn alle dorischen Kolonien, die auf der Südwestküste von Kleinasien (Karien) und den benachbarten Inseln Kalymna, Kos, Nisyros, Telos, Syme, Rhodos, Karpathos u.a. gegründet wurden, im engern nur die sechs Städte Ialysos, Lindos, Kamiros (auf Rhodos), Knidos, Halikarnassos (in Kleinasien) und Kos (auf der gleichnamigen Insel). Sie bildeten eine Hexapolis und standen in einer losen politisch-religiösen Verbindung, die in dem Kultus des triopischen Apollon auf dem Triopischen Vorgebirge bei Knidos ihren Ausdruck fand. Nachdem später das vorwiegend ionische Halikarnassos aus dem Bund gestoßen worden, bestand derselbe als Pentapolis fort. Im Heer des Xerxes dienten die Dorier der Hexapolis gegen Griechenland mit 30 Schiffen; später wurden sie von den Athenern abhängig und diesen tributpflichtig. Nach dem Peloponnesischen Krieg von der Herrschaft der Athener befreit, blühten die dorischen Städte in großem Wohlstand, aber die politische Wichtigkeit des Bundes war dahin. Von seiner frühern Blüte zeugt die große Zahl ihrer Kolonien in Kleinasien, Sizilien und Spanien. Vgl. Dorier.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 133.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: