Favart

[361] Favart (spr. -wār), 1) Charles Simon, fruchtbarer franz. Opern- und Lustspieldichter, geb. 13. Nov. 1710 in Paris, gest. daselbst 12. März 1792, schrieb für die Opéra-Comique und übernahm 1745 die Direktion der Schauspielertruppe, die dem Marschall von Sachsen nach Flandern folgte. Später nach Paris zurückgekehrt, widmete er sich wieder der dramatischen Poesie und ward der Schöpfer der feinern Oper. Nach dem Tode seiner Gattin (1772) versiegte seine Produktionskraft. Favarts Lustspiele und Operetten (er hatte deren ca. 150 geschrieben) sind meist artige, nach der Natur gezeichnete und mit echt französischer Heiterkeit gewürzte Schilderungen ländlicher Liebe oder auch lustige Schwänke. Als besonders gelungen sind hervorzuheben: »Annette et Lubin«, »L'astrologue de village«, »Bastien et Bastienne«, »Ninette à la cour«, »Les trois sultanes« und »L'Anglais à Bordeaux«. Einige von seinen Werken sollen ganz oder teilweise von seiner Gattin verfaßt sein, doch läßt sich deren Anteil nicht mehr bestimmen. Im Druck erschienen von ihm: »Théâtre de F.« (Par. 1763–1772, 10 Bde.) und »Théâtre choisi« (1810, 3 Bde.); ferner: »Œuvres choisies« (1813, 3 Bde.); »Œuvres de M. et Mme. F.« (hrsg. von Gozlan, 1853) und seine für die Literaturgeschichte wichtigen »Mémoires et correspondance« (1808, 3 Bde.). Vgl. Font, F., l'Opéra comique et la comédie-vaudeville aux XVII. et XVIII. siècles (Par. 1894). – Seine Gattin Justine Duronceray, geb. 15. Juni 1727 in Avignon, gest. 22. April 1772 in Paris, erntete als Schauspielerin und Tänzerin in der Opéra-Comique großen Beifall und folgte 1745 ihrem Gatten nach Flandern, wo sie dem Marschall von Sachsen eine heftige Neigung einflößte, der sie aber wegen ihres Widerstandes hart behandelte. Sie zeichnete sich besonders aus in der Darstellung von Charakterrollen und wagte es zuerst, in einer ihrer Rolle angemessenen Kleidung aufzutreten. An den Schriften ihres Gatten hat sie Anteil gehabt (s. oben). – Beider Sohn Charles Nicolas, geb. 1749, gest. 1806, Schauspieler und Theaterdichter, verfaßte die Oper »Les trois folies« (1786); die Komödien »Le mariage singulier« (1787), »La sagesse humaine« (1798) u. a.

2) Marie (eigentl. Pierrette Ignace Pinaud), franz. Schauspielerin, geb. 16. Febr. 1833 in Beaune, Schülerin des Konservatoriums zu Paris, trat hier zum erstenmal 1848 im Théâtre-Français auf und war seitdem bis 1881 Mitglied (seit 1854 Sozietärin) dieser ersten Bühne Frankreichs. Ihr Spiel war durch Vornehmheit und Würde wie durch Wärme und gewinnende Anmut gleich ausgezeichnet und trat in tragischen Rollen des klassischen Repertoires und in solchen der modernen Literatur (Donna Sol, Maria Delorme u. a.) gleich vorteilhaft zutage. Vermählt ist die Künstlerin mit dem Schauspieler L. A. Delaunay (s.d. 3).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 361.
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