Kraniotomīe

[571] Kraniotomīe (griech.), Anbohrung des kindlichen Schädels und Extraktion desselben durch die natürlichen Geburtswege. Zweck der Operation ist, bei räumlichem Mißverhältnis zwischen Becken und Kopf letztern durch Anbohrung und Enthirnung zu verkleinern und auf diese Weise die Extraktion und damit die Geburt des Kindes zu ermöglichen. Auf ein lebendes Kind wird also von vornherein Verzicht geleistet. In den meisten Fällen wird die Operation bei schon abgestorbenem und nur sehr selten bei lebendem Kind ausgeführt, wenn alle übrigen Entbindungsmethoden durch den Beckenkanal sich als unmöglich erweisen, und anderseits der Zustand der Mutter eine[571] schnelle Beendigung der Geburt dringend erfordert. Die Erhaltung des mütterlichen Lebens ist demnach der Zweck der Operation. Sie ist besonders bei höheren Graden der Beckenenge indiziert. Die Operation selbst besteht aus zwei Teilen: Anbohrung des Kopfes (Perforation) und Extraktion des Kindes am angebohrten Kopf. Die Anbohrung erfolgt mit dem scherenförmigen oder trepanförmigen Perforatorium. Die Extraktion wird fast ausschließlich mit dem Kranioklast ausgeführt, einer mit Kompressionsvorrichtung versehenen Zange, die ein festes Fassen der Kopfknochen ermöglicht. Nur ausnahmsweise findet als Extraktionsinstrument noch der Kephalothryptor Anwendung, der durch Zertrümmern der Kopfknochen eine noch ausgiebigere Verkleinerung des Schädels bewirkt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 571-572.
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